Kanada: In „Omas Schrankwand“ von Calgary nach Vancouver – von den Bergen in die Wüste und die besten Campgrounds, Teil 1

Eine perfekte Straße für das eigene Road-Movie

Hinterm Horizont geht es weiter: Eine perfekte Straße für das eigene Road-Movie

Ein Reisebericht von Susanne Baade und Dirk Lehmann

Weite fasziniert mich seit meiner Kindheit. Es gibt Wald-Menschen, die glücklich sind, wenn sie unter hohen Bäumen stehen und das Rauschen der Blätter hören. Es gibt Stadt-Menschen, für die es nichts schöneres geben kann, als in einem Straßencafé zu sitzen. Es gibt Berg-Menschen und Meer-Menschen und Menschen-Menschen und Menschen wie mich, die sich vor allem nach Weite sehnen, nach Abstand, nach dem Gefühl der Freiheit.

Susanne hingegen mag zwar die Weite, doch Einsamkeit ist ihr nicht geheuer. Und so stellte sich schon bald die Frage: Wie finden wir Weite und Abwechslungsreichtum (Susanne sagte, sie wolle nicht tagelang durch einförmige Landschaft fahren, was ich unverständlich finde), wie kombinieren wir Abgeschiedenheit und Belebtheit (Susanne würde gern mal durch eine Kleinstadt schlendern, nun ja…) – kurz: Wie kann man verschiedene Bedürfnisse in einer Reise befriedigen?

der Eisenbahner-Ort Revelstoke

In der Weite Kanadas empfinden wir das Eisenbahner-Kaff Revelstoke schon als sehr urban

Unsere Route ist ein Kompromiss, den ich als Einsamkeitssucher leichten Herzens eingehen kann nach den Tagen in der Fryatt Hut: Wir fahren den Trans-Canda-Highway von Calgary in die Rocky Mountains und folgen dem Highway 1 weiter durch die Seen-Landschaft bei Salmon Arms und durch die Wüsten bei Kamloops. Bei Cache Creek biegen wir ab in Richtung Norden, ziemlich gerade zieht der Highway 97 seine Linie durch das von XXL-Hügeln geprägte Land, vorbei an Orten wie 100-Mile-House, 105-Mile-House, 114- Mile-House, 127-Mile-House (kurz danach passieren wir den 130-Mile-Lake), 141-Mile-House, vorbei an Williams Lake und Quesnel bis nach Prince George. Da schlagen wir einen Haken nach Westen und folgen dem Highway 16 durch die Einsamkeit des Nordwestens bis zur Küste mit ihren wolkenverhangenen Felsmassiven. Von dort bringt uns ein Schiff durch dei Inside-Passage nach Port Hardy auf Vancouver Island. Die Insel, die auf Landkarten so klein wirkt, ist rund 600 Kilometer lang, der Highway 19 bringt uns vom einsamen Norden in den belebten Süden. Und von der Hafenstadt Nanaimo nehmen wir schließlich die Fähre zur drittgrößten Metropole Kanadas – nach Vancouver.

Unser rollender Wandschrank entpuppt sich schon auf den ersten Kilometern (von rund 3000) als gutmütiger Gefährte. Ein wenig schwammig in der Lenkung, aber unproblematisch in den Fahreigenschaften, lässt sich das dicke Ding viel leichter fahren als seine einschüchternden Ausmaße bei der Übernahme noch suggerierten. Zudem lernen wir den Komfort des großen Wagens bald schätzen – das echte Bett, die geräumige Küche, das kleine Bad. Für uns, die wir bisher mit einer Art Biwak-Zelt unterwegs waren, bietet der Camper so viel überraschenden Luxus wie für ein Paar, das nach einem Lotto-Gewinn von einer Ein-Zimmer-Wohnung in eine Villa umzieht.

Perfekt ist der Komfort auf Camping-Plätzen mit „full hook up“. Da kann man das Wohnmobil an das Strom- Netz anschließen, an Frisch- und Abwasser – und hat ein fest installiertes Heim. Uns gefällt es aber besonders in den National- und Naturparken des Landes. Kein Strom, keine Wasseranschlüsse, dafür parken wir unsere Burg unter Bäumen, oft mit Blick auf einen See. Und machen uns überhaupt keine Sorgen mehr über Bären. Sollen sie doch kommen. Im Camper sind wir sicher.

Die schönsten Campgrounds auf unserer Wohnmobiltour durch Kanada, Teil 1: von Calgary bis Cache Creek

Der Campground Calgary West

Calgary West

Beliebt bei Urlaubern, die am Nachmittag in Calgary landen und dann das Wohnmobil übernehmen: Man macht die ersten Besorgungen, füllt den Kühlschrank und will nicht mehr weit fahren. Calgary West liegt direkt am Trans Canada Highway und ist gut ausgestattet, es gibt viele Stellplätze mit Strom und Wasser, einen kleinen Pool und kostenlosen Internetzugang per Wifi. Die Standflächen – 40ff. – auf dem Hügel von Calgary West bieten einen tollen Blick über die nächtlich glitzernde Stadt. Allerdings ist der privat geführte Platz recht teuer; 44 Dollar pro Nacht.

Der Lake Louise

Lake Louise

Mehr als ein Dutzend Grizzly-Bären lebt in den Wäldern rund um den berühmten See. Und deswegen liegt ein Teil des Lake Louise Campgrounds hinter einem Elektro-Zaun, laut Park-Verwaltung schützt der Camper und Tiere, denn ein Bär, der die Nähe zu den Menschen suche, so die Sprachregelung, „must be destroyed“. Der sehr große Campingplatz bietet einfache Stellplätze unter hohen Kiefern, ohne Strom- und Wasseranschluss, dafür mit Picknick-Bank und Feuerstelle. Der berühmte Lake liegt vier Kilometer entfernt und ist vom Campground gar nicht zu sehen (das Office an der Einfahrt verkauft Postkarten), unüberhörbar ist leider das Rauschen des Highways und das Tuten der Eisenbahn (Ohrstöpsel bei bestimmter Windrichtung hilfreich); 28 Dollar pro Nacht.

Der Campground Kicking Horse

Kicking Horse

Im Yoho-Nationalpark gibt es mehrere Campgrounds, den einfachen „Monarch“ (ohne Dusche und recht nah am Highway, dafür kann man sich unter hohen Bäumen oder am wilden Fluss hinstellen, wo man mag), „Hoodoo Creek“ am Emerald Lake (spektakuläre Lage mit Blick auf den See, wenige Plätze mit wenig Komfort; wegen der Anfahrt über eine Straße mit engen Serpentinen nur für geübte Wohnmobilisten geeignet) und den komfortableren „Kicking Horse“ (mit Dusche, ohne Strom am Stellplatz, dafür pittoresk gelegen zwischen Fluss und 3000 Meter hohen, schroffen Bergen). Wer zu spät kommt, erhält keinen der schönen Stellplätze unter Bäumen sondern parkt auf einer großen Wiese; je nach Komfort variieren die Preise zwischen 13 und 28 Dollar pro Nacht.

Der Martha Creek Campground liegt direkt am Wasser  atemberaubender Nachthimmel über Martha Creek

Martha Creek

20 Kilometer nördlich von der Eisenbahner-Kleinstadt Revelstoke liegt dieser Provincial Park, abgeschieden am Lake Revelstoke mit seiner hohen Staumauer, das Wasser des tiefen Sees ist kalt und klar, am steinigen Strand nerven die Horseflies. Der Campground eignet sich nicht für Comfort-Wohnmobilisten, kein Strom am Stellplatz, keine Dusche, nur zwei Toiletten und zwei Plumpsklos. Doch der Platz überzeugt mit enormer Ruhe, man steht einigermaßen abgeschieden unter Bäumen und kann nachts einen Sternenhimmel erleben, wie man ihn selten sieht; 21 Dollar pro Nacht.

Der White Lake Campground  Ein Platz unter hohen Bäumen am White Lake

White Lake

Ein Platz für Entdecker. Man verlässt den Highway und erreicht über eine windungsreiche Straße diesen Campground am Waldrand mit direktem Zugang zum See (die Zufahrt wirkt schlimmer als sie ist, kann auch mit nicht geländegängigen Wagen befahren werden). Die Ausstattung des Campgrounds ist einfacher als einfach: zwei Plumpsklos, kein Wasseranschluss, kein Strom. Dafür steht man allein unter Bäumen und kann vom Bootssteg aus in den sehr klaren See springen, in dem sogar Schildkröten leben. Perfekt für Einsamkeitssucher; kostenlos.

der Campground Steelhead  Badespaß am Steelhead

Steelhead

Ganz am Ende des riesigen Shuswap-Lakes liegt dieser kleine Campground – zwischen zwei Eisenbahnlinien und einer Schnellstraße, und all das kann man durchaus auch hören. Doch dafür führt von diesem Zeltplatz mit seinen wenigen Bäumchen (man steht nicht unter, sondern eher neben ihnen) ein schmaler Weg hinunter an den Strand des Sees. Und man geht hier viel baden, denn an Sommertagen kann es heiß werden in der überraschenden Wüstenlandschaft Südwestkanadas. Sehr heiß. Die Ausstattung ist okay, viele Stellplätze haben Strom, einige sogar Wasser; saubere Duschen; 21 Dollar ohne, 25 Dollar mit Strom-Anschluss.

Dirk am Tunkwa Lake

Tunkwa Lake

Fast 30 Kilometer abseits des Highways liegt dieses Naturschutzgebiet mit drei Zeltplätzen an zwei Seen. Sehr beliebt bei Anglern und Birdwatchern, die hier Enten und Gänse, viele Singvögel und Adler beobachten können. Im See selbst leben zudem Otter, am Ufer weiden manchmal Wildpferde, und nachts hört man das Heulen der Kojoten. Ein verwunschener, aber eindrücklicher Ort auf einem Hochplateau mit sehr großzügigen, nur von wenigen Bäumen beschatteten Stellplätzen, die allerdings weder Strom- noch Wasseranschluss bieten (den Frischwassertank kann man aber auffüllen), Duschen gibt es auch keine. Und doch sollte man hier mindestens zwei Nächte verbringen, erst recht wenn man den Wagen auf der kleinen Landzunge quasi mitten im See abstellen kann; 16 Dollar

Traumplatz am Tunkwa Lake