Wien im Sommer: Reise-Tipps für ein heißes Wochenende

Bauarbeiten unter dem Sonnenschirm Pomp in Wien
Ein Sommerwochenende in Wien: Man beschirmt sich bei der Arbeit und am Äußeren Burgtor

Ein Reisebericht von Susanne Baade und Dirk Lehmann

„Ungeschützter Aufenthalt in der Sonne kann zu vermehrtem Schwitzen“ führen, warnt die Landessanitätsdirektion Wien, in Folge komme es zu „körperlicher Überwärmung und Hitzestau bis hin zu Hitzschlag, Kollaps, Verwirrtheit und im schlimmsten Falle zum Tod“. Was ein Sommer! In Österreich werden in diesem Jahr alle Rekorde gebrochen, in Neusiedl am See misst man zum ersten Mal eine Temperatur höher als 40 Grad, in Wien sind es immerhin noch 39,5 Grad. Die Landessanitätsdirektion empfiehlt, Schatten aufzusuchen.

Keine Hitzetoten

Es ist sooo heiß, dass sich die Binsen-Filter im Gehirn abgeschaltet haben. Und die Scham-Filter auch. Die Boulevardjournalisten rufen offenbar ständig bei der Rettung an und fragen, ob es viel zu tun gebe. Die entwarnt genervt, man habe nicht signifikant mehr Arbeit als an anderen Tagen, es gebe keine „Hitzetoten“. Und ein befragter Hitze-Experte entgegnet mit wienerischer Boshaftigkeit: Wer umkippt, könne eigentlich ganz beruhigt sein, denn das Umfallen reguliere den Körper, und „zu 99,9 Prozent führt ein Kreislaufkollaps nicht zum Tode“. Hach, in Wien graut es die Leut‘ so intensiv vor der Hitze, bis sie eine Gänsehaut haben.

Fremdenführer als Mozart   Streetart in Wien

das Kunsthistorische Museum in Wien   Dirk und Susanne posieren im Kunsthistorischen Museum
Wien hat ein großes Herz für Kitsch und Kunst – für Mozart-Doubles und Ritter-Imitatoren 

Aber gibt es während einer Hitzewelle eigentlich ein besseres Reiseziel als eine Stadt? Wien eignet sich perfekt für einen Summer in the City:  Will man irgendwo hin, steigt man in die klimatisierte Tram oder wartet in den kühlen Tunneln der U-Bahn auf den nächsten Zug. Überall kann man einkehren, in Cafés und Eisdielen (eine Instanz: Tichy). In vielen Parks und Gärten – unser Favorit: der Sigmund-Freud-Park – stehen Liegestühle, unter weit ausladenden Bäumen liegen bereits andere Schattensucher. Zudem ist in dieser pompösen Stadt auch der nächste Brunnen nicht weit, bereits das Geräusch seines Plätscherns kühlt ab. Und so kann man in hot Vienna eine Sommer-Gelassenheit leben, die ein Stadturlaub sonst nur selten bietet, gibt es doch so viel zu sehen. So wenig Zeit.

Straßen wie Lakritz

Während draußen die ärgste Mittagshitze den Asphalt in Farbe und Konsistenz zu Lakritz verwandelt, das man schon mehrere Stunden in der Hosentasche hatte, schlendern wir durch das Kunsthistorische Museum. In abgedunkelten, kühlen Räumen zeigt die Sonderausstellung „Bessere Hälften“ Paare aus der Kunst. Nicht immer sind sie liiert, manchmal stehen da einfach nur zwei Ritterrüstungen, doch gibt es immer eine Beziehung zwischen beiden. Und immer macht die Inszenierung Spaß.

chillen an der Neuen Donau

Kids spielen an der Neuen Donau Kids  Beachbar mit Sonnenuntergang

Trampolin direkt an Seitenarm der Donau   Bahnstation mit Schatten

Sonnenuntergang an der Neuen Donau

Badetag in Wien: Die Donau bietet schöne Strände, nette Bars und einen tollen Sonnenuntergang

Am Nachmittag fahren wir raus an die Donau. Das Klapper-di-Klack der U-Bahn auf den Gleisen klingt träge, und als der Zug aus dem Tunnel kommt, gleißt das Sonnenlicht so hell, dass wir die Augen schließen. Wien ist bekannt für seine Badekultur. Und hatten wir eigentlich vor, in eines der berühmten Schwimmbäder an der Alten Donau zu gehen, einem stillgelegten Arm des Flusses, lassen wir uns in der Bahn überreden, heute nur bis zur Donau-Insel zu fahren.

Ein Bad im Fluss

Die Landschaft am Ufer des hier rund 200 Meter breiten Flusses ist grün, buschige Bäume, ausgetrocknete Wiesen durch die der Sand schimmert, flaschengrün ist das Wasser. Aber sauber und kühl. Wir liegen und dösen und baden und liegen und dösen und baden und liegen und dösen. Und am Abend nehmen wir noch ein Bier am Donaustrand, bevor wir zum Essen zurück fahren in die Innenstadt.

das Badeschiff  Abendstimmung am Donaukanal

Urban Gardening in Wien   Froschgraffiti in Wien
Stadt-Strand: Auf dem Donaukanal schwimmt das Badeschiff, am Ufer wird gegärtnert und gechillt

Der Donaukanal kommt aus dem Norden der Stadt, durchströmt das Industriegebiet im Stadtteil Nussdorf und endet im Südosten zwischen Raffinerien, Hafenbecken und Grünanlagen, in denen man Fußball und Golf spielt. Auf dem Weg dahin streift das Wasser die City. Hier hat sich der Donaukanal zu einem lang gezogenen Ausgehviertel entwickelt mit unzähligen Bars, Restaurants und Beachclubs auf den Kaimauern. Frauen in knappen Kleidern und Männer in kurzen Hosen, bunte Glühbirnen und bequeme Liegen, Lachen und Stimmengewirr. Die Atmosphäre ist entspannt, so mediterran wie man sie an vielen völlig überfüllten Mittelmeer-Promenaden längst vermisst.

Nightlife am Kanal

Man hat uns den „Tel Aviv Beach“ empfohlen. Doch offenbar wurde der Tipp auch allen anderen Gästen und Einwohnern Wiens gegebenen, die Strandbar mit weißen Lounge-Möbeln vor einer gemalten Stadtsilhouette ist so voll, dass wir keine Lust haben auf einen frei werdenden Tisch zu warten. Wir gehen weiter und lernen Martina und Klaus kennen. Sie bilden das Guerilla-Gardening-Team des „Gemeinschaftsgartens am Donau-Kanal„. Direkt am Ufer pflegen sie einige Hochbeete und laden die Passanten ein, mit ihnen umzugraben und zu wässern.

Die beiden nennen uns ein veganes Restaurant an der Adria Wien. Und, hej, animiert von der grünen Lebensfreude der nur geduldeten Gärtner, lassen wir uns einen Salat mit Koriander servieren und – irgendwie noch verhaftet im alten Fleischfresserverhalten – einen veganen Döner. Schmeckt super. Dazu ein eiskaltes Bier in der langsam kühler werdenden Nacht. Es sind bestimmt nur noch 27 Grad… Wir genießen die Gelassenheit dieses Ortes.

das Hotel Triest   das Kaminzimmer im Triest

unser Zimmer  Schreibunterlagen

der Innenhof im Triest
Haus mit gutem Klang: „Das Triest“ hat einen schattigen Innenhof, perfekt für heiße Sommertage

Die Nacht ist der Freund der von der Hitze des Tages gebeutelten. Besonders in einem Hotelzimmer mit Klima-Anlage. Wir wohnen im Design-Hotel „Das Triest„, zu dem wir seit Jahren eine innige Beziehung pflegen, ohne jemals da gewesen zu sein. Das Triest hat einige CDs kompiliert und herausgegeben. Zwei davon haben wir so oft gehört, dass wir uns beim Einchecken richtig vertraut fühlten, umso mehr, da im hoteleigenen Café großformatige Fotos einiger schlafender Mitarbeiter hängen, dieselben Fotos, die das CD-Cover zieren.

Kalte Nacht

Das Hotel befindet sich in einem sechsgeschossigen Gebäude nahe des Karlsplatzes, quasi mitten in der Stadt. Es ist klar und gradlinig eingerichtet, aber die Farben der Teppiche und Möbel sind warm und freundlich. Man fühlt sich sofort unkompliziert wohl und wird genau so empfangen. Als würde man Freunde besuchen. Und die freuen sich, dass wir einen erlebnisreichen, aber entspannten Tag hatten. Wie das Wetter wird, wollen wir noch zwischen Gähnen wissen. Schön und heiß ruft man uns von der Rezeption hinterher.

Dann schließt sich die Aufzugstür, und wir fahren in die fünfte Etage. Durch die bodentiefen Fenster schauen wir noch einmal in die Dunkelheit, die hoch über den Dächern der Stadt liegt. Sterne funkeln. Wir freuen uns auf den nächsten Tag. Wir wollen eine Fahrrad-Ausstellung besuchen, ins berühmteste Bad der Stadt gehen und die Nacht in einer Sauna verbringen. In unserem Zimmer ist es kühl. Susanne sagt: „Verrückt, ich glaube, ich brauche zum Schlafen eine warme Decke.“

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Feuerwerk_pushresetHinweis: Die Recherchereisen für diesen Blog wurden zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien, Reedereien und/oder PR- bzw. Tourismus-Agenturen. Unsere journalistische Freiheit bleibt davon unangetastet. Wir danken Wien Tourismus.