Kanada, Himalaya, Portugal – oder doch lieber Kanada, Antarktis, Neuseeland?

Links, oder rechts, oder wie jetzt? Schilderwald auf Malta

Man reist ja nicht um anzukommen, sondern um zu reisen.

Johann Wolfgang v. Goethe

Offen bleiben für Überraschungen: Langsam wird es ernst, unsere Reisepläne werden konkreter. Wir haben uns auf die Länder geeinigt, in die wir unbedingt reisen möchten und beginnen heimlich dennoch zu feilschen – was, wenn wir in Kanada eine Woche kürzer bleiben und auch in Portugal,  schaffen wir es dann noch nach Neuseeland? Noch schwerer als die Entscheidung für ein Reiseziel fällt die Entscheidung gegen eines. Fast kommt Bedauern bei mir auf: Werden wir doch nicht auf die Cook Islands kommen? Wird die Zeit wirklich nicht reichen, um in ein afrikanisches Land zu reisen? Werde ich meine portugiesischen Freundinnen in Rio nicht besuchen können? Denn bei allen Überlegungen sind wir beide uns einig, dass wir keine klassische Weltreise machen wollen, deren Ziel es ist, die besonderen Plätze dieser Welt einmal gesehen zu haben, uns geht es um das erleben der Orte. Am liebsten würden wir immer einen Monat pro Region oder Land verbringen, um in die Kultur einzutauchen, die Nachbarn der Holzhütte, die man gemietet hat, kennen zu lernen.

 

Die Qual der Wahl

Je konkreter die Reiseabläufe,  desto größer die Erwartungen an diese Reise. Und sie werden noch größer, wenn Freunde und Kollegen die Pläne kommentieren mit: „Wow, das wird die Zeit eures Lebens.“ Dann glaubt man plötzlich tatsächlich, dass man etwas „falsch“ machen könnte und die Zeit nicht „richtig“ nutzen wird. Denn etwas, was man scheinbar nur einmal im Leben macht, muss doch perfekt werden! Doch wer sagt, was richtig und falsch ist? Man darf nicht erwarten, hinterher ein neuer Mensch zu sein, vor solch übertriebenen Erwartungshaltungen warnen Psychologen und Coaches. Doch wenn es ein zu viel gibt, was ist das zu wenig? Was, wenn die Auszeit, von der wir erwartet haben, uns mit neuen Erlebnissen zu prägen und dadurch doch auch irgendwie zu ändern, was, wenn sich all das am Ende nur anfühlt wie ein langer Urlaub?

Doch vielleicht ergeht es uns wie Michael Jaeger, dem „Head of Industrial Relations“ (seltsamer Titel) bei Unilever, der erzählte in einem Interview dem Manager-Magazin, dass er nach einem anstrengenden Projekt ein Jahr Sabbatical gemacht habe, das seine Erwartungen weit übertraf. Nach der Auszeit bewunderten ihn  seine Kollegen für die Gelassenheit und den Überblick in Stresssituation. Diese Eigenschaften, so Jäger, habe er sich von den Neuseeländern abgeschaut, bei denen alles auch liefe, nur eben ohne Hektik.

Ich bin gespannt, was wir von den Indianern in Kanada lernen werden, von den Mönchen im Himalaya, und ob uns der Anblick des ewigen Eises in der Antarktis mehr als nur beeindrucken wird. Wenn ich so in die Zukunft träume, freue ich mich wahnsinnig auf die Reisen. Die Erlebnisse werden viel reichhaltiger und überraschender sein, als wir erwarten und uns in Gedanken ausmalen. Etwas Vertrauen, dass die Dinge sich so fügen werden, wie sie für uns am besten sind, sollten wir bei haben. Ich habe längst verinnerlicht, was mir  der Fotograf  Marc Shoul aus Johannesburg letztens nach einem schwierigen Auftrag schrieb: „Finally all felt into place.“