Wie man ein Sabbatical finanziert: Heute ist der 1. März, ab heute arbeiten wir für die Hälfte unseres Gehaltes. Wir haben uns für ein Modell entschieden, bei dem man zehn Monate lang nur 50 Prozent des Brutto-Einkommens erhält. Daraus ergeben sich mehrere Vorteile: Man hat über die gesamte Zeit Einnahmen, die Zahlungen an die Krankenkasse etc. laufen auch weiter, und faszinierenderweise ist ein halbes Bruttogehalt netto mehr als 50 Prozent. Warum, das versteht nur ein deutscher Finanzbeamter.
Es gibt diverse Finanzierungsmodelle für ein Sabbatical: Einige Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, ein so genanntes Arbeitszeitkonto zu führen. In das zahlt man Überstunden ein, bis man ein paar Wochen angespart hat, die zu einem vorher bestimmten Zeitpunkt ausgezahlt werden, die ergänzt man um Urlaub und unbezahlten Urlaub bis zur gewünschten Dauer des Sabbaticals. Eine sehr arbeitnehmerfreundliche Variante, die nicht von vielen Unternehmen angeboten wird. Das krasse Modell heißt Lohnverzicht. Man erhält so lange man im Unternehmen ist das volle Gehalt, bis zum Beginn des Sabbaticals, sobald die Urlaubsansprüche abgegolten sind, gibt es kein Geld mehr. Diese Option sollten nur gut organisierte Menschen in Erwägung ziehen, zum einen, weil sie sparen müssen, zum anderen, weil es nötig ist, sich rechtzeitig um eine Fortführung der Krankenkasse zu kümmern, um die Fortzahlung der Renten- und Sozialbeiträge.
Wir haben leider nicht die Möglichkeit, Überstunden anzurechnen, von uns werden Überstunden erwartet. Schade eigentlich, im Februar hat Dirk zum Beispiel an zwei Sonntagen gearbeitet, zudem ist er unter der Woche selten vor 20 Uhr zu Hause gewesen, selbst freitags nicht. Es wären allein in dem Monat leicht 30 Überstunden zusammen gekommen. Die krasse und ehrliche Variante hatten wir auch kurz in Erwägung gezogen. Aber wer gründlich rechnet, erkennt schnell, dass das keinen Sinn macht. Allein weil die Hälfte mehr ist als 50 Prozent.
Und trotzdem fühlt es sich seltsam an, ab jetzt so deutlich viel weniger Geld zu verdienen. Es fühlt sich an, wie ein später Wiedereinstieg ins Studentenleben. Man überlegt sich, wo man einkaufen geht (gibt es bei Aldi nicht auch gute Säfte?), worauf man verzichten kann (lass uns doch morgens ab sofort immer nur drei Obstsorten in den Fruchtsalat schnipseln), und ob es tatsächlich eine gute Idee ist, nächstes Wochenende nach Berlin zu fahren. Und doch ist etwas anders, das Gefühl, nach der Auszeit wieder in den Beruf zurück kehren zu können und Geld zu verdienen, das ist neu. Notfalls können wir unsere Schulden tilgen. Und damit ist es beschlossen – wir fahren zur ITB nach Berlin.