Auszeit vom Alltag: Hinter dieser Tür beginnt die Ruhezone des Friedrchsbads in Baden-Baden
Es ist eines der letzten seiner Art – ein Römisch-Irisches Bad. Und wenn man den Begriff googelt, findet man allerlei Erklärungen zur römischen Geschichte aber keine, zumindest keine hinlängliche zum irischen Anteil daran. Wir hatten das Friedrichsbad in Baden-Baden besucht, es nimmt den Gast mit auf eine Reise in die Zeit. 17 Stationen sind zu durchlaufen: erst duschen, dann in den Wärmraum, danach in den Schwitzraum, wieder duschen, dann zur Seifenbürstenmassage. Die nächste Station ist das 42 Grad warme Dampfbad, von da geht es ins 38 Grad Dampfbad, durch mehrere abkühlende Schwimmbecken begibt man sich ins eiskalte Tauchbad, duscht erneut, cremt den Körper ein und macht sich an die letzten beiden Stationen dieses einzigartigen Bades – 30 Minuten Ruheraum, in Tücher eingeschlagen, liegt man im Halbdunkel und abschließend genau so lange im Leseraum. Damit endet dann die fast vierstündige Prozedur, die einem wie eine Reise in eine andere Zeit vorkommt, an einen Ort, den es schon längst nicht mehr zu geben scheint – in unserer Wellness-Welt.
Daran erinnerten wir uns, als wir über einen Artikel von Nina Pelz in der FAZ sprachen: Ausgebrannt in der Liegehalle beschreibt zum einen ein Sanatorium im Harz, das sich schon vor mehr als 100 Jahren auf die Behandlung von Nervenleiden spezialisiert hat, und auf der anderen Seite hat das Stück zum Thema, wie sich ein – eigentlich kaum verändertes – Krankheitsbild den Moden ihrer Zeit anpasst: Nervosität, Neurasthenie, Depression, Burnout-Syndrom. Einst wurden die Menschen zur Kur geschickt, in Orte wie das „Sanatorium Barner“ in Braunlage. Heute nimmt man ein Sabbatical.
Was das mit dem Friedrichsbad zu tun hat? Im Sanatorium Barner müssen die Patienten die Herausforderung meistern, zwei Stunden in einem Raum zu liegen, ohne zu lesen, Musik zu hören oder sich sonstwie die Zeit zu vertreiben. Vielen, so Nina Pelz, fällt das schwer. Auch wir haben im Friedrichsbad verkürzen müssen, eine halbe Stunde Leseraum schien uns viel zu lang. Wie wird es uns wohl gehen, wenn wir während unseres Sabbaticals zwei Wochen in einer einsamen Hütte in Kanada leben?