Himmelspfad: Gesichert führt der erste Teil des Weges in die Berge des Ötztals, doch die verstecken sich im dichten Nebel
Für eine Produktion für ein Reisemagazin bin ich in die Alpen gefahren, mit Bergführer und Fotograf ging es erst in zwei Klettersteige, um sich an die Ausgesetztheit im Fels zu gewöhnen und dann auf eine Hüttentour, die bis ins Gletschergebiet am Gepatsch- und Kesselwand-Ferner im Ötztal führen sollte. So weit der Plan.
War das Wetter während der Klettersteig-Tage ganz passabel, wurde es im Laufe der hochalpinen Wanderung immer schwieriger. Die Temperaturen sanken, es begann zu regnen, und schließlich hieß es in der Wetterprognose sogar, dass der Niederschlag oberhalb von 2000 Metern als Schnee fallen könne.
Die Vorhersagen waren zuletzt recht unzuverlässig, denn ein stabiles Tiefdruckgebiet über den Britischen Inseln, dessen Ausläufer bis nach Tirol reichten, sorgte für stark wechselndes Mikroklima, während durch das eine Tal heftige Gewitter zogen, schien im anderen die Sonne. Und das ist zumindest mitverantwortlich dafür, dass 2012 ein Jahr zu mit besonders vielen Todesfällen in den Bergen werden kann: am Montblanc und am Lagginhorn sterben insgesamt mehr als ein Dutzend Bergsteiger, 15 Klettersteiggeher werden am Grünstein von einem Gewitter überrascht, Blitzeinschlag verletzt einige schwer.
Seiltanz zum Gipfel: Nur manchmal sieht man, wohin die Reise geht
Auf dem Weg zum Brandenburger Haus beschließen wir, die Tour abzubrechen. Und tun recht damit. Während des Abstiegs beginnt es zu regnen. Es wird kälter. Kaum vorstellbar, wenn uns dieser hochsommerliche Wintereinbruch auf dem Gletscher erwischt hätte.
Ich hatte mir von der Reise in den Alpen auch Rückschlüsse erhofft auf meine Bergtauglichkeit für unser Trekking im Himalaya. Susanne und ich wollen im indischen Garhwal zum Heiligen Berg Nanda Devi wandern, dabei geht es immer wieder in Höhen von mehr als 3000 Meter. Wie komme ich klar damit?
Aufbruch nach oben: Susanne, Benita, Judith und Dirk in der Geislachkogelbahn
Nach der ersten Übernachtung in der auf über 2800 Metern gelegenen Breslauer Hütte wache ich morgens mit leichten Kopfschmerzen auf, der Magen fühlt sich flau an, schlecht ist mir aber nicht. In der ähnlich hoch gelegenen Vernagthütte, die wir einen Tag später erreichen, habe ich keine Probleme. Auf 3277 Metern trotzt das Brandenburger Haus der Gletschereinsamkeit, wir werden es nicht bis dahin schaffen.
Mit Susanne und meinen Töchtern verbringe ich später noch drei Tage im Ötztal. An einem davon fahren wir mit der Seilbahn hinauf auf den 3058 Meter hohen Gaislachkogel, obwohl das Wetter im Tal mehr als bescheiden ist. Entgegen aller Hoffnungen hängen die Wolken nicht wie eine Bauchbinde am Berg, auch der Gipfel steckt drin. Und mit ihm alle anderen Gipfel auch.
Lichte Höhe: Nur für Momente gibt der Himmel den Blick auf das Gipfelkreuz frei
Eine Weile geistern wir durch Kälte und Wind. Stellenweise beträgt die Sicht kaum 50 Meter, hier zu wandern ist viel zu gefährlich. Wir nutzen die Gelegenheit, unsere Himalaya-Ausrüstung zu testen: Die Outdoor-Uhr von Suunto zeigt zuverlässig Höhe und Himmelsrichtung, Regenjacke und -hose funktionieren einwandfrei. Doch die Fleece-Pullover scheinen noch zu dünn, so eisig bläst der Wind, den man besonders spürt, wenn man sich nur wenig bewegt.
Nach 30 kalten Minuten auf 3060 Meter fahren wir runter zur Mittelstation. Auf dem Weg zur nahen Almhütte kommt uns eine kleine Pferdeherde entgegen, die hier in 2400 Metern nach Futter sucht. Eine bizarre Begegnung im Nebel – mit kleinen Haflingern und einem großen englischen Kaltblut. In der Hütte bestellen wir Kaiserschmarrn, Kaffee und Kakao und räsonnieren über das Wetter in den Bergen.
Bizarre Begegnung auf dem Berg: Ein paar Pferde trotten durch den Nebel
Auf dem Weg zurück ins Hotel reißt dann der Himmel für einen Moment auf und präsentiert ein großartiges Bergpanorama. Bis wieder Nieselregen einsetzt.