Ein Reisebericht von Susanne Baade und Dirk Lehmann
Camper sind eine große Gemeinschaft. Und auf kanadischen Campgrounds scheint diese Regel in besonderem Maß zu gelten – zwischen Wohnmobilen und Zelten kommt man immer wieder mit anderen ins Gespräch. Mal bleibt jemand freundlich neugierig stehen und will wissen, woher wir kommen. Mal hilft jemand, etwa als wir im kathedralengroßen Motorraum unseres Monstertrucks nach dem Öl-Peilstab suchen, es stellt sich zum Glück heraus, dass Omas Wandschrank nicht auch noch ein Ölbrenner ist (überhaupt ist es an der Zeit, unseren braun-beigen Klawitter-Bus zu loben, so genossen wir doch sehr dessen Komfort als ein Gewitter über den Green Lake zog, es schüttete, die Temperaturen sanken auf 5 Grad, aber wir saßen im Wagen, die Heizung lief, wir tranken Tee, schrieben, lasen); ein Camper erzählte, dass sein E-450 rund 30 Liter Benzin auf 100 Kilometer verbraucht, denn er müsse noch ein Boot ziehen. Aber wir schweifen ab…
Besuch aus der Schweiz
Diesen Beitrag wollen wir all denen widmen, die uns ein wenig Gesellschaft geleistet haben während unserer Reise durch die spätsommerliche Einsamkeit British Columbias. Denn seit Ende der Schulferien, ist es auf vielen Campgrounds fast so still wie im Fryatt Valley. Die ersten Blätter segeln gelb-rot zu Boden, und die Tage enden bereits gegen 20 Uhr. Bei einem Abendessen lernen wir Peter kennen, der uns reden hörte und davon angezogen wurde, dass wir Deutsch sprechen, er outet sich als Ex-Schweizer. Seit fast 20 Jahren lebt er in Kanada. Was ihm hier gefällt, wollen wir wissen. Er schwärmt von der Natur, von der Jagd, vom Angeln. Auch am nächsten Morgen fährt er um fünf Uhr hinaus. Und er sieht nicht wirklich unzufrieden aus, als er ohne einen einzigen Fisch aus dem Revelstoke See gezogen zu haben, sich zu uns an den Frühstückstisch setzt. Es sei schön gewesen, diese Ruhe, die Wälder, die Berge. Vermisse er nicht die Schweiz? Peter schüttelt den Kopf. Im Gegenteil, ihm grause sogar ein wenig davor, in diesem Jahr werde er zum ersten Mal in die alte Heimat fliegen.
Das kläffende Dutzend
Wir treffen Brenda aus Anchorage in Alaska, die mit Mann und Riesen-Wohnwagen, der an einem Riesen-Pick-Up hängt nach Edmonton gefahren ist, um an einer Hundeshow teilzunehmen, insgesamt werden die beiden dafür rund 7000 Kilometer unterwegs sein. Für eine Hundeshow! Wie es gelaufen ist, will Susanne wissen. Und Brenda erzählt, dass sie einen Preis gewonnen haben. Susanne fragt, ob sie den Hund sehen dürfe. Klar. Die beiden gehen zu dem großen Caravan. Brenda schnauzt ihren Mann an, weil der lieber weiter fernsehen will. Doch dann schlurft er brav in die Tiefen des Wohnwagens und holt einen Hund hervor. Dann zwei weitere. Er verschwindet noch einmal und setzt noch ein paar Hunde in dem mobilen Zwinger aus, den seine Frau und er vor dem Wohnwagen errichtet haben. Noch ein paar Mal geht der grummelnde Kerl hin und her, und schließlich springen und kläffen zwölf kleine Hunde durch das Freigehege. Gerade will sich Greg wieder hin setzen, da bellt ihn Brenda erneut an. „Die Urkunde! Bring doch mal die Urkunde.“ Schließlich steht er in der Tür und präsentiert mit sauertöpfischer Miene das Schriftstück. Brenda ist stolz. „Die werden wir uns über den Kamin hängen.“
Angriff der Waldhüter
Wir sitzen auf einem Holzsteg am Lakelse Lake, das Wasser ist ruhig, langsam versinkt die Abendsonne hinter schneebedeckten Gipfeln. Unser Campground liegt in einem sehr alten Wald, der geprägt wird von bis zu 70 Meter hohen „Sitka Spruce“-Bäumen, einer Fichtenart, und anderen Baumgiganten wie Hemlocktannen und Zedern, zwischen ihnen sieht sogar unser hier fast allein stehender XXL-Wohnwagen eher mickrig aus. Wir sitzen Rücken an Rücken. Dirk hört ein Boot und fragt, ob es auf uns zu kommt. „Nee, sieht nicht so aus“, antworte ich leichtfertig. Dirk: „Hört sich aber so an.“ Ich sehe genauer hin. Tatsächlich. „Da kommen sogar ganz viele. Und sie fahren auf unseren Steg zu.“
Schon bald umringt uns ein halbes Dutzend kleiner Boote mit großen Motoren, in jedem sitzen zwei Männer mit schusssichereren Westen, Pistolen und Funkgeräten. Ein Boot legt an, ein Mann springt auf den Steg. Wird es gleich zu einer Schießerei zwischen den Bewaffneten und Drogenkurieren kommen? Am liebsten würde ich mich flach auf den Boden werfen. Weitere Boote legen an, Männer steigen aus und sprinten in Richtung Wald. Wir fragen, ob wir besser gehen sollten. Ein Riesenkerl mit kurzen Haaren schüttelt den Kopf und erklärt, sie seien Conservation Officers, eine Art Naturschutzpolizei, die die Einhaltung von Jagd- und Fischereigesetzten überprüfen und hier ein Manöver hatten. Er lacht: „Looks like the Navy Seals are coming, ey?“
Campground-Train
Der Trans-Canada-Highway und die Eisenbahnstrecke queren fast parallel das Land. Das macht planerisch Sinn, hat aber leider zur Folge, dass man auf einigen Campgrounds nicht nur Autos hört, sondern auch das Tuten und Bimmeln und Rumpeln der oft mehr als zwei Kilometer langen Züge, einmal zählten wir 144 Waggons, die von drei Lokomotiven gezogen wurden. Und weil die Züge so faszinierend anders sind als in Deutschland, haben wir in den ersten Tagen Züge in allen Situationen fotografiert: vor Berg, neben Straße, am See, auf Brücke. Nach einer Woche und 154 Eisenbahnfotos erteilen wir uns selbst ein Eisenbahnfotografierverbot. Und halten uns daran. Bis zu diesem Spaziergang am Hafen von Port Edward. Wir überqueren Gleise. Dirk macht ein Foto der verwitterten Bahnschwellen. Wir sehen uns an und sagen fast gleichzeitig: „Eisenbahnfotografierverbot!“ Plötzlich hören wir ein Tuten. Dirk ruft: „Schau, da steht ein Zug.“ Noch ein lautes Tuten. „Und da kommt noch einer!“ Dirk läuft los, die Kamera im Anschlag. Mir ist klar, jetzt wird unserer Fotosammlung zur kanadischen Eisenbahn das Motiv „Zugbegegnungen“ hinzugefügt.
Als ich an den Gleisen ankomme, ist Dirk im Gespräch mit drei Männern in orangefarbenen Westen, sie stehen neben der riesigen dieselelektrischen Lokomotive und erklären, dass es im überwiegend eingleisigen Streckennetz nur wenige Abschnitte gebe, an denen ein Gegenzug passieren könne. Manchmal müssen sie Stunden warten. Und dann befragen die Lokführer uns nach dem deutschen Eisenbahnnetz: Kann man wirklich jede Kleinstadt mit dem Personenzug erreichen? Fahren deutsche Züge tatsächlich 300 Kilometer schnell? Die Güterzüge auch? In Kanada gebe es nur wenige Personenzüge, und Transporte wie ihrer erreichen kaum 50 Km/h. Tutend schiebt sich der entgegenkommende Zug vorbei, Dirk fotografiert und fotografiert. Mindestens 154 Bilder. Nun müssten sie aber weiter, sagen die Lokführer zum wiederholten Male und bitten Dirk, die Gleise zu verlassen. Einer der Männer kommt noch einmal zurück und schenkt uns einen großen Plastik-Schlüssel, damit fahre man die Lokomotiven. Dann setzt sich der Zug in Bewegung, wir winken mit dem seltsamen Werkzeug. Dirk macht zum Abschluss noch ein Foto. Wir sehen uns an. Lachen. Und sagen fast gleichzeitig: „Eisenbahnfotografierverbot!“
Die besten Campgrounds auf unserer Wohnmobiltour durch Kanada, Teil 2 – von Cache Creek nach Prince Rupert
Unter offenbar wackeligen Bäumen an einem weiten, von Schilf umgebenen See liegt dieser Campingplatz am Rande eines dichten dunklen Waldes, der uns wegen einer aktuellen Grizzly-Warnung noch ein wenig düsterer vorkam als er war. Wer nur auf der Durchreise ist (also spät kommt und früh weiter will), übernachtet auf dem günstigeren Touring-Teil des Campgrounds. Wir haben uns nahe am See im Wald aufgebaut. Alle Stellplätze sind einfach, die Toiletten nicht sooo toll, und die Dusche kostet Geld (1 Dollar für 5 Minuten heißes Wasser). Der baumumstandene und sehr klare See ist auch bei vielen Einwohnern der Holzhandelsstadt Quesnel beliebt, ihre Villen säumen einen Teil des Ufers. Auf einem Spaziergang beobachten wir die reichen Quesnellies beim Wasserski und beim Boot fahren. Ja, es ist ein schöner Ort; Touringplätze 18 Dollar, im Wald 23 Dollar
Kurz vor der Stadt liegt der sehr gepflegte, private Campground „Southpark“. Die Stellplätze sind groß genug auch für riesige Camping-Busse, von denen man hier einige sehen kann. Der nah am Highway 97 gelegene Platz eignet sich perfekt für Durchreisende und für alle, die unbedingt mal wieder eine Dusche brauchen. Die Holzhandels- und Eisenbahnstadt Prince George hat wenig mehr zu bieten als eine Shopping-Mall, ein Eisenbahnmuseum und einen hübschen Park. Viele der Southpark-Stellflächen zwischen Birkenbäumchen verfügen über einen full hook up – Strom- und Wasseranschluss, Abwasserleitung; Preis, je nach Ausstattung, ab 33 Dollar
Hier unser Film über PG, eine Gebrauchsanleitung für Prince George:
Eigentlich wollten wir noch Fort St. James besuchen, der einstige Außenposten der Hudson Bay Company ist heute Nationalpark, „National Historic Site of Canada“ und hat auch einen Campground. Doch leider kommen wir erst sehr spät in Prince George los, und weil wir unsere Fähre erwischen müssen, entschließen wir uns weiter zu fahren und erreichen am frühen Abend Tyhee Lake. Eine asphaltierte Straße erschließt die einsamen, allerdings einfachen Stellplätze in einem dichten Wald. Vor lauter Bäumen ist der See kaum zu erkennen. Andere Camper auch nicht. Weil es Bären geben soll, liegen wir früh im Bett. Und weil wir weiter müssen, fahren wir früh wieder los. Der Platz hätte mehr Aufmerksamkeit verdient, schon allein weil der See schlichtweg „amazing“ ist, wie die Kanadier gern sagen; 25 Dollar
Südlich der Kleinstadt Terrace liegt der weite Lakelse See, benannt nach einem Wort der Tsimshian, es bedeutet Frischwasser-Muschel – denn die soll man in dem See auch finden können. Umgeben ist der von dichtem Wald mit hohen Hemlocktannen und Zedern, unter denen zu spazieren, ist wahrlich bemerkenswert, man fühlt sich wie im zweiten Band von „Gullivers Reisen“. Der Platz ist einfach ausgestattet, kein Strom, kein Wasser an den Stellplätzen, dafür gibt es aber ziemlich neue und sehr geräumige Duschen; 25 Dollar.
Er hat schon bessere Tage erlebt – der Kinnikinnick-Campground in Port Edward, und man würde sich wünschen, dass der Besitzer die schon reichlich zugewucherten Stellplätze mit ihren morschen Bänken mehr in Schuss hielte. Doch die gute Ausstattung mit Strom, Wasser, Internet und die Lage am Ortsrand des sehr ruhigen und noch recht wilden Fischerstädtchens, in dem abends in den Gärten die Rehböcke rangeln, rechtfertigt den Besuch allemal. Nur zehn Minuten sind es nach Prince Rupert. Wir empfehlen einen abendlichen Aperitif auf der Terrasse im „Quest-Hotel“ mit schönem Blick über das Meer und danach den Besuch in „Dolly‘s Fish Market“ (aber lassen Sie sich von Dolly nicht mehr als Fischsuppe (Showder) und Fish and Chips aufquatschen); Stellplätze ab 20 Dollar, mit Strom und Wasser ab 30 Dollar