Ach, Italien! Die Liebe zu dir war nie einfach. Mein erster Neuwagen war ein Fiat Uno. Was ein spritziges Auto. Leider musste es öfter in die Werkstatt als der uralte Golf, den ich bis dahin fuhr. Und doch denke ich gern an den praktischen Stadt-Flitzer, dessen Motor nach drei Jahren endgültig den Geist aufgab. Mein liebstes Rennrad war ein Bianchi. Leider musste der Rahmen zwei Mal getauscht werden, da schlug selbst mein auf italienische Räder spezialisierter Händler vor, besser ein solides Focus zu nehmen. Aber noch immer mag ich das schnittige Design und bekomme schlimme Sehrnsuchtsattacken, wenn das charateristische Bianchi-Grün an mir vorbei rast. Meine erste Jugendreise führte mich nach Rimini. Was ein furchtbarer Ort. Doch wenn man an einem lauen Spätsommerabend in einem Restaurant am Wasser saß, die scheußlichen Hotels im Rücken, auf dem Teller eine mörderteure aber leider auch mörderleckere Pasta, dann hat man dir alles verziehen. Sogar das Cuperto.
Aber jetzt ist Schluss. Schon wieder Berlusconi. Bist du nicht mehr ganz bei Trost? Es gibt viele Gründe, ein Land nicht mehr zu bereisen. Weil die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Weil es immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen kommt. Weil die politischen Verhältnisse instabil sind. Weil es Zweifel an der Sicherheit für Reisenden gibt. Doch jetzt kommt ein neuer hinzu: Weil man sich schämt.
Wir werden heute unsere letzte Flasche Promis aufmachen, uns an die Balkontür setzen (leider ist es noch viel zu kalt, sie zu öffnen) und hinaus schauen. Wir werden uns vorstellen, das bezaubernde Licht der Toskana zu sehen, Hügel rollen blau-grau in die Ferne (wir werden viel Vorstellungskraft brauchen, denn in Deutschland herrscht der laut DWD düsterste Winter seit mehr als 40 Jahren). Wir werden uns gegenseitig von der Fahrt mit dem Boot erzählen, das uns jeden Abend aus unserem Hotel auf der Bade-Insel Lido zur Anlegestelle vor dem „Europa Regina“ brachte, mitten in Venedig (wie Hohn klingt es, dass jetzt im Hafen ein Schiff tutet). Wir werden trinken und trinken. Und Abschied nehmen. Komm, Susanne, lass uns noch mal anstoßen. Ja, Italien, wir lieben dich. Wir werden dich vermissen. Aber leider hast du sie nicht alle. Wir kommen erst zurück, wenn du wieder bei Sinnen bist.