Fußball-Fans statt Fesselspiele, Bier statt Champagner, Gröhlen statt Stöhnen. Sind wir eigentlich die einzigen, die es schade finden, dass in Rio de Janeiro viele Love-Hotels wie das „Shalimar“ nun umgebaut werden? Das Shalimar ist, beziehungsweise es war ein, nun ja, in Rio nennt man es vornehm „Motel“ – und meint damit eigentlich: Sex-Hotel. Wer hier eins der 62 Zimmer gebucht hat, kam mit eindeutige Absichten. Und freute sich über die Ausstattung: roter Teppich, die Badewanne ein Whirlpool, herzförmiges Bett (!), große Spiegel an den Wänden (und an der Decke!). Wer etwas mehr Geld auszugeben bereit war, buchte ein Zimmer mit Fesseln und Blick aufs Meer, das kristallgrün eingerahmt liegt zwischen den Felsen einer der kleinen Buchten von Leblon, einem der wohlhabenderen Stadtteile der Metropole. Doch die meisten Gäste interessierten sich nicht so sehr dafür…
Nur dass wir uns richtig verstehen: Das Shalimar ist kein Puff. Es ist ein Ort der Liebe, vor allem ein Ort des Sex. Und, klar, nicht immer (vorsichtig formuliert) checken hier Ehepaare ein. Brasilien ist ein erzkatholisches Land. Viele Paare ziehen erst zusammen, wenn sie verheiratet sind. Bis dahin wohnt man oft noch bei den Eltern (Rio ist teuer). Wohin also gehen, wenn man Lust aufeinander hat? Im Shalimar kann man die Zimmer vierteltageweise mieten, sechs Stunden ab 30 Euro, dauert es länger, kauft man eine Stunde (ab 5 €) dazu. Man kann sich hier auch richtig austoben, etwa im Themenzimmer „Mittelalter“ mit Ketten, Fesseln und so eindeutigen Bildern an den Wänden, dass es einem die Schamesröte ins Gesicht treibt. Der Vierteltag ab 55 €.
„In den 70er und 80er Jahren“, so Inhaber Antonio Cerqueira, „konnten es die Teenager kaum erwarten, 18 Jahre alt zu sein, um endlich in ein Motel gehen zu dürfen.“ Doch die großen Zeiten sind vorbei. Aids-Krise, Wirtschafts-Krise und jetzt die Fußballweltmeisterschaft. Rio hat zu wenig Hotelzimmer, rund 30.000 sind es zur Zeit, mindestens 16.000 sollen hinzu kommen. Und um Hotelbesitzer wie Cerqueria dazu zu bringen, ihr Haus für „normale“ Gäste umzugestalten, erlässt die Stadt renovierungsbereiten Inhabern etwa 40 Prozent der Steuern – für die nächsten sechs Jahre. Das ist wahrlich ein Anreiz. Und in vielen Motels passiert dasselbe wie im Shalimar: Die roten Teppiche werden raus gerissen, die herzförmigen Betten kommen auf den Sperrmüll, und im Keller stapeln sich die Bonding-Stühle.
Noch kann man einige Liebeszimmer mieten. Das Mittelalterzimmer gibt es zur Zeit zum Sonderpreis von 220 Euro.