Über Airbnb hatte ich ein Zimmer in Berlin gemietet. Der Blaue Salon ist eine kleine Bühne für Lesungen, Vorträge und Konzerte. Von Zeit zu Zeit wird der Raum auch an Berlin-Besucher vermietet, und ich habe mich da recht wohl gefühlt. Zurück in Hamburg, erhielt ich eine Bewertung durch meine Gastgeber, die mit mir zufrieden waren. So fein, so gut. Und doch beschäftigt es mich, dass wir uns jetzt alle ständig gegenseitig bewerten.
Zum einen frage ich mich, was passiert, wenn ein Airbnb-Gast nicht mit seinem Airbnb-Gastgeber zufrieden ist? Was, wenn die Wohnung nicht sauber ist (hatte mal mit einer Vermieterin bei 9flats so einen Fall)? Was, wenn statt eines zweiten Betts bloß eine Matratze auf den Boden liegt? Was also, wenn man meint, das Zimmer ist das Geld nicht wert, das man dafür bezahlen soll? Selbst wenn man über den Übernachtungspreis eine Einigung erzielt, ist es ja möglich, dass der Gastgeber beleidigt ist und eine Bewertung verfasst, bei der man alles andere als gut dasteht. Da bei Airbnb aber die Gastgeber entscheiden, ob sie einen Gast aufnehmen, kann eine miese Bewertung durchaus Konsequenzen haben.
Deshalb habe ich bei Airbnb nachgefragt: Wie geht ihr mit solchen Fällen um? Airbnb verweist auf sein großes Kundensupport-Team, zu dem auch Spezialisten gehören, die „in besonders schwierigen Fällen vermitteln und ein für alle Beteiligten zufriedenstellendes Ergebnis erzielen“. Man strebt also eine gütliche Einigung an. Ganz selten werde „im Zuge der Mediation“ vereinbart, „Bewertungen zu löschen“. Hier gibt es allerdings eine wichtige Einschränkung: „Das geschieht immer durch das Airbnb-Team – Gast und Gastgeber alleine können das nicht.“ Soll heißen: Wutausbrüche vermeiden.
Solche haben in der Welt eines modernen Social Travellers ohnehin keinen Platz. Für Airbnb etwa sind „gegenseitige Bewertungen ein wichtiger Teil der Sicherheitsfunktionen“, und man sagt: „Transparenz ist uns wichtig“. Für den Reisenden ändert sich somit aber auch die Haltung. Und es endet diese – besonders bei vielen deutschen Urlaubern – weit verbreitete, fast schon extreme „König Kunde“-Denke, die sich jedes Missfallen gleich per Klage gegen einen Reisemangel monetarisieren lassen will. In der neuen Bewertungsgesellschaft wird sich das ändern. Ein Gast, aus dessen Profil ersichtlich ist, er habe sich bereits mehrfach über seine Vermieter beschwert, wird bei Aibnb wohl kaum ein Zimmer finden.
Und damit sind wir beim zweiten Thema, der Bewertung selbst. Weil jeder weiß, wie wichtig so ein Urteil für den jeweils anderen ist, tendiert man dazu, sich gegenseitig positiver zu bewerten als eigentlich gerechtfertigt. Das erklärt die vielen vielen sehr lobenden Sätze zu mitunter eher normalen Wohnungen. Und schon zeichnet sich ab, mit welcher Haltung der Social Traveller reisen muss – mit einem Lächeln.