Schimmel in der Dusche, Flecken auf dem Teppich, Haare im Bett, und die Macken an den abgestoßenen Möbeln sind mit Heftpflaster repariert worden – eines der Hotels, das das Team des NDR-TV Magazins „Markt“ in Norddeutschland filmte, bot all den Ekel, den man höchstens im TV sehen will. Nie aber in dem Zimmer, in das man gerade selbst seinen Koffer trägt.
Die Redaktion hatte einen Bericht zum Thema „Schmu mit Hotel-Sternen“ machen wollen. Dafür wurden jeweils 15 Häuser in mehreren norddeutschen Städten überprüft – und es stellte sich heraus, dass fast jedes zweite mit Sternen wirbt, die es gar nicht hat. Initiiert wurde die Recherche offenbar durch den Deutschen Hotel und Gaststätten Verband. Im Interview mit Dehoga-Mann Rainer Balke, das nicht im TV-Beitrag sondern nur auf der NDR-Website zu hören ist, verplappert sich der Verbands-Vertreter über den Sinn der Berichterstattung, „die wir angestoßen haben“. Das Ziel sei eine einheitliche Zertifizierung, denn, so Balke: „Nur Dehoga-Sterne sind wahre Sterne.“
Beinahe hätte sich der Sender vor den Verbands-Karren spannen lassen. Denn dass der Dehoga eine einheitliche Zertifizierung verlangt, überrascht nicht: Der Verband verdient gutes Geld daran. So kassiert man – laut Kostentabelle – von einem Hotel 260 bis 1030 Euro für eine Zertifizierung, zuzüglich Mehrwertsteuer. Die gilt für drei Jahre. Hinzu kommen aber noch die jährlichen Mitgliedsgebühren, die für ein mittelgroßes Hotel mit etwa 25 Mitarbeitern rund 650 Euro betragen, ebenfalls plus Mehrwertsteuer.
Wenn man weiß, dass noch 9 bis 15 Prozent der Einnahmen aus dem Zimmerpreis an das jeweilige Vermittlungsportal überwiesen werden müssen, kann man nachvollziehen, dass manche Häuser auf die Dehoga-Zertifizierung verzichten und sich zufrieden geben mit den so genannten „Portal-Sternen“.
Tatsächlich bewerten viele Hotelbuchungsmaschinen die angebotenen Häuser mit eigenen Fantasie-Sternen. Das ist so lange nicht unredlich, so lange dabei nicht der Eindruck entsteht, das Hotel sei von der Dehoga klassifiziert. Behauptet aber dessen Inhaber oder ein Portal, bei dem Haus handele es sich um ein zertifiziertes 4-Sterne-Hotel, kann man das in den Unterlagen des Verbandes überprüfen. Wer mogelt, wird abgemahnt. Ein schönes Geschäft für die Anwälte, wie auch der Branchendienst hottelling schreibt, in dem der Dehoga sein Zertifizierungsmodell anpreist.
Doch der Fernsehbericht flog NDR und Dehoga um die Ohren. Das eingangs beschriebene Zimmer gehört nämlich nicht einem Hotel, das mit seinen Sternen mogelt. Sondern einem ordentlichen 4-Sterne-Haus in Braunschweig, zertifiziert vom Deutschen Hotel und Gaststätten Verband Niedersachsen. Peinliche Nummer. Da will man den Gast sensibilisieren für die Notwendigkeit einer einheitlichen Klassifizierung, denn selbstvergebene Sterne seien Betrug am Kunden, heißt es, da stellt sich heraus, dass das offizielle System den Gast gar nicht vor Schweinereien schützt.
Dabei ist es doch gar kein Geheimnis, wie der Dehoga vorgeht. Bei der Anmeldung zur Zertifizierung geben die Hotels selbst an, welcher Kategorie sie angehören. Das wird oft genug erst nach einer gewissen Zeit überprüft, manchmal vergehen Jahre bis ein Tester ein Haus in Augenschein nimmt. Und so schreibt denn auch ein Kommentator auf der Website des TV-Magazins Markt: Die Dehoga sei nur daran interessiert, die „Jahresgebühr der Sternevergabe zu kassieren“.
In der Pressemitteilung des NDR heißt es noch „Hotels mogeln mit Sternen“, von 120 Häusern in Norddeutschland würden mehr als 50 falsche Angaben zu ihren Sternen machen. Doch im Bericht geht es dann vor allem um die Drecksäcke unter den Hoteliers. Die sind das Problem. Denn die betrügen ihre Gäste – auch mit Sternen.