Ein Paar auf Reisen: Doppelzimmer mit Blick auf den Hyde-Park – vom „Hotel Metropolitan“
Ein Hotelportrait von Susanne Baade (Fotos) und Dirk Lehmann (Text)
Nein, eine Ikone der Architektur ist das „Metropolitan“ nicht. Zwischen dem erhabenen „Four Seasons“ und dem riesigen „Hilton“ fällt es kaum auf, unser Hotel in Londons Old Park Lane. Schön liegt die schmale Straße zwischen Green und Hyde Park. Schon deshalb lohnt es sich, das Metropolitan zu erlaufen (hej, gibt es einen Blog „Hotels für Fußgänger“?). Und obwohl das Gebäude keine Schönheit ist, haben wir es sofort identifiziert: die klare unprätentiöse Fassade, heller Sandstein, bläuliche Fenster, ein weiß gerahmter Eingang, in dem ein Mann im schwarzen Anzug mit blauem Hemd steht (eben nicht in Fantasie-Uniform), er grüßt freundlich. Was uns dann aber in dem Moment, in dem wir das Metropolitan betreten, völlig überwältigt, ist dessen Duft.
Frische und ein Hauch von Exotik
Wir haben schon viele Hotels besucht. Doch keines riecht so charakteristisch. Eine frische Note von Rosmarin und Minze, eingebettet in grünen Tee, ergänzt um einen Hauch Exotik mit etwas Kokos, Frangipani und Orange. Wir stehen vor der Rezeption und schnüffeln und atmen und genießen und erinnern uns an eine Reise nach Thailand. In Bangkok haben wir vor einigen Jahren auch im Metropolitan gewohnt. Das Haus liegt in der Nähe des Lumphini-Parks mit seinen öffentlichen Mucki-Buden und den Waranen, die abends aus den Teichen kommen und durch die Wiesen streifen. Direkt am Hotel vorbei führt eine mehrspurige Straße, gesäumt von den schwarzen Spaghetti-Knoten der Strom-Kabel, Lastwagen, Autos, Tuk Tuks brummen und hupen über den Asphalt. Doch das Getöse der Metropole prallt ab am Tor zum Hotel. Sobald man es betreten hat, weicht die drückende Hitze der Stadt einer hellen, duftenden Freundlichkeit. Mensch, sind wir gern in das Haus zurück gekommen, nach einem Tag der Erkundungen und Abenteuer in Bangkok.
Hotel-Impressionen: blaue Fenster, beleuchtete Regale – und ein Sideboard mit Sitzgelegenheit
„Madam? Sir?“ Wir wissen nicht, wie lange die Rezeptionistin schon den Versuch macht, uns aus unserer proust’schen Versonnenheit – in seinem Roman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ löst der Duft eines Madelaines einen Strom von Erinnerungen aus – zu reißen. Ihre leicht irritierte Mine vermittelt uns aber den Eindruck, dass wir eine Weile schon hier zu stehen scheinen. Und jetzt lächeln wir peinlich berührt, wie ein Paar, das sich in einem unpassenden Moment in aller Öffentlichkeit geküsst hat. Verlassen Bangkok. Kommen an in London. Sind zurück im Metropolitan. Wir waren noch nie hier. Aber Susanne sagt jetzt: „Verrückt, es ist wie nach Hause kommen.“
An welches Hotel erinnert sich deine Nase?
Was sagt der Duft eines Hotels über dessen Qualität? Eigentlich nicht viel. Viele internationale Ketten lassen sich ein Parfum kreieren. Es ist eine olfaktorische Botschaft, sie soll Frische signalisieren, Sauberkeit, Entspannung. Dass man diesen Duft meist schnell wieder vergisst, ist gewünscht. Dann stört es den Gast nicht, dass die Lobby eines Hauses in Madrid anders riecht als die des zur selben Hotelgruppe gehörenden Hauses in Berlin. Nur selten wird der Geruch als Teil der Corporate Identity verwendet. Bisher hätte ich auf die (zugegebenermaßen eher unwahrscheinliche) Frage, an welches Hotel erinnert sich deine Nase besonders gern, wohl geantwortet: An die süßliche Frische der mauritischen Beachcomber-Resorts. Doch jetzt weiß ich mehr.
Begehrt im Metropolitan: Hoteldiebe mögen den Duft, andere das japanisch-peruanische Restaurant
Bevor wir auf unser Zimmer gebracht werden, zeigt uns Jessica das Hotel: die im Lounge-Stil mit hellen Ledersesseln und beleuchteten Regalen gehaltene Lobby; die ganz auf Massagen und Entspannungs-Anwendungen ausgerichtete Wellness-Abteilung; das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete und in der ganzen Stadt für die Qualität seiner Speisen geschätzte („I’m sorry to inform you that it is fully booked for tonight.“) japanisch-peruanische (!) Restaurant „Nobu“. Zum Schluss fährt sie mit uns hinauf in die 12. Etage, öffnet uns eine der Suiten. Viele Größen des Show-Geschäfts sollen hier bereits gewohnt und gefeiert haben, etwa U2. Wir stehen vor der Whirlwanne, aus der heraus man einen tollen Blick haben muss über den Park, der im Licht des goldenen Spätherbsts leuchtet.
Bono und The Edge in der Wanne
Unser Zimmer liegt in der achten Etage. Keine Whirlwanne. Kein Popstar-Party-Playground-Appeal. Und doch steht es der Suite in Klasse und Stil kaum nach: ein großer Raum, dunkler Teppichboden, weiße Wände, helle Einbaumöbel. Besonders die Sofa-Sideboard-Kombination unterhalb des großen Fensters hat es uns angetan. Sich auf dem Polster fläzend wie auf einer Chaiselounge sieht man genau so auf den Hyde-Park-Blick wie Bono und The Edge aus ihrer Wanne.
Ein goldener Herbsttag im Park: Schwäne am Serpentine Lake, Kunst vor der Serpentine Gallery
Der Nachteil, wenn das Hotelzimmer zu schön ist? Man rafft sich kaum auf, noch einmal vor die Tür zu gehen. Fast den halben Nachmittag sitzen wir am Fenster und sehen den Autos zu, die sich unter uns im Kreisverkehr bewegen. Schwarze elegante Limousinen biegen meist ab zum „Four Seasons“. Taxis halten vor dem „Hilton“. Das einzige Fahrrad stoppt vor dem Metropolitan, das schon deshalb cool ist. Eine Weile noch spielen wir „Wo fahren wohl die Autos hin“, dann gehen wir in den Park. Und sind wie so oft verblüfft vom Wetter in dieser Stadt. Es ist mild, am Serpentine Lake sitzt man bei einem Kaffee draußen, Touristen füttern Schwäne und Pelikane, und wir besteigen mit anderen Kunst-Fans die Skulptur des Architekten und Künstlers Sou Fujimoto vor der Serpentine Gallery. Ein Herbsttag in London.
11-Gänge-Kurz-Trip?
Auf die Frage nach einem Tip für das Abendessen hatte uns das Metropolitan-Team einen Tisch im Restaurant des kürzlich eröffneten Hotels „The Halkin“ reserviert. Man mag einwenden, keine irre originelle Idee, schließlich gehört es zur selben Hotelgruppe. Doch das „Ametsa“ ist das erste Restaurant der Baskin Elena Arzak außerhalb ihrer Heimat. Die mit drei (!) Michelin-Sternen ausgezeichnete Köchin wurde 2012 zur besten ihrer Zunft gewählt. In der Londoner Dependance bietet sich die Gelegenheit, mit einem elfgängigen Tasting-Menu quasi eine Kurz-Reise durch den eigenwilligen Stil dieser Köchin zu machen. Mit 145 Pfund pro Person ist das Menü nicht billig. Doch sind die begleitenden Weine im Preis inbegriffen, und, hej, es gibt Menschen, die sich für gutes Essen verschulden. Dass „Kurz-Trip“ allerdings eine hoffnungslose Untertreibung ist, werden wir erst später erfahren.
2 von 11: Eine Kurz-Version des Degustationsmenü im „Ametsa“
Das Ametsa ist ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswerter Ort. Ein puristisches Restaurant, fast zu kühl eingerichtet: weiße Wände, weiße Tischdecken, nackter Holzboden, Chromsessel. Blickfang sind die grünen Blumen-Dekos und die Decke aus Hunderten, mit Gewürzen gefüllten Reagenz-Gläsern. Von den wenigen Tischen sind nur wenige besetzt. Ideal für ein Restaurant ist sie offenbar nicht, die Lage in einer ruhigen Seitenstraße des Wohn-Stadtteils Belgravia, der zu den teuersten der Stadt gehört: Es scheint schwierig zu sein, hier Gäste zu finden – für baskische Hochküche.
Großes Kino für Genießer
Es gibt einige Gastro-Kritiker, die dem Arzak-Clan – in San Sebastian arbeiten Vater und Tochter gemeinsam – vorwerfen, ihre Küche sei vor allem Effekthascherei. Doch nach den elf Gängen können wir nur sagen: Das Essen ist überragend. Etwa die Tintenfisch-„Nudeln“ in einer Sauce aus schwarz-dunklem Tintenfisch-Sekret mit einem Geschmack so pur, wie ich ihn bisher nur in jener kleinen Tasca, so heißen in Portugal die einfachen Straßenrestaurants, in Ericeira erlebt habe, wo der Pulpo auch in seiner Tinte serviert wird. Oder das unfassbar zarte Stück Fasan, dessen Fleisch so auf der Zunge zergeht, wie man es nur in den besten Restaurants Tokios erlebt, etwa im „Peter“.
Doch elf Gänge sind der Koch-Show schlicht zu viel. So fragt man sich: Braucht ein Menü wirklich vier Fischgerichte (Muscheln, Skorpionfisch, Tintenfisch, Thunfisch)? Und als uns gegen Mitternacht die dritte Nachspeise serviert wird, geben wir auf. Nichts geht mehr. Verrückt, aber zu viel Hochgenuss nimmt einem am Ende fast jegliche Aufnahmefähigkeit. Acht Gänge hätten uns völlig genügt. (Wer dennoch neugierig ist, unter diesem Link zeigen wir später das ganze Menü.)
These: Wer in miesen Hotels wohnt, sieht mehr von der Stadt! Blick aus unserem Zimmer
Wir schlendern zurück. Es ist kurz vor ein Uhr morgens. Ein paar Nachtschwärmer kommen uns entgegen. Laut singend, fröhlich, nach Alkohol stinkend. Wir palavern ein wenig miteinander. Und dann umfängt er uns wieder, der Duft des Metropolitan. Wir schließen die Augen. Schon ergänzen sich die Bilder. Ein Mix aus Bangkok und London entsteht, Stromkabel und Reagenzgläser, Warane in der Badewanne von U2.
Was uns gefällt
Sie sagt: Ich mag die unprätentiöse Klasse dieses Hotels. Nur wenige Top-Häuser sind so unaufdringlich. Ich habe mich in London gleich zu Hause gefühlt. Aber ich mag auch den Duft der Produkte, Shampoo und Body-Lotion. Mhmm. Es ist das erste Mal, dass ich die aus einem Hotel mitgenommen habe.
Er sagt: Ein schönes Hotel im alten Zentrum der Stadt. Ich mag den klaren Stil, den Duft und die unverstellte Art der Mitarbeiter, die eher wie gute Bekannte auftreten. Doch auch wenn die Anwendungen im Spa sehr gut ausgeführt werden, dass ein Hotel dieser Preisklasse keinen Pool hat, finde ich strange.
Abschied: Letzter Blick nach dem Frühstück
Metropolitan by Como, Old Park Lane, W1K 1LB London, Tel. 0044 (0) 20 7447 1000, www.comohotels.com/metropolitanlondon
.
Hinweis: Die Recherchereisen für diesen Blog werden zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien, Reedereien und/oder PR- bzw. Tourismus-Agenturen. Unsere journalistische Freiheit bleibt davon unangetastet. Wir danken den Como-Hotels und Clarissa Benecke.