Keine Einkaufsmeile weit und breit, nur Natur: die „Hubertus Lodge“ in Balderschwang
Bei Holidaycheck kann man Hotels bewerten und buchen. Ein „Code of Conduct“ soll für klare Spielregeln sorgen. Doch das Portal steht im Zentrum eines kaum lösbaren Konflikts
von Susanne Baade (Fotos) und Dirk Lehmann (Text)
Holidaycheck, so heißt es, will ab sofort mit mehr Nachdruck den eigenen „Code of Conduct“ durchsetzen. Auslöser war die Recherche einer RTL-Reporterin, die ein 4-Sterne-Hotel sehr kritisch bewertete. Das bekam jemand aus dem Management mit und stellte der Reporterin ein Zimmer-Upgrade in Aussicht – falls sie das Haus positiv beurteilen würde. Hotels, die mit solchen Mitteln arbeiten, erhalten demnächst eine Abmahnung.
Der Code of Conduct schreibt vor, dass ein Hotel seine Gäste zur Bewertung ermutigen darf, dass dafür auch kleine Geschenke als Anreiz erlaubt sind. Doch darf das Hotel die Gäste nicht unter Druck setzen, das Geschenk darf nicht abhängig sein vom Inhalt der Bewertung.
Ich finde es gut, gegen Betrug bei Hotelkritiken vorzugehen. Es hätte keiner RTL-Reporterin bedurft, um aktiv zu werden. Viele dieser und ähnlicher Fälle sind seit Jahren bekannt und sogar in Holidaycheck selbst dokumentiert. So schreibt etwa „Tatjana“ in ihrer Bewertung aus dem Jahr 2010, dass das „Hotel Delphin Diva Premiere“ in Antalya Gutscheine verlost „pro positive Bewertung“. Es irritiert, dass das Haus im Jahr 2013 den „Holiday Check Award“ als eines der besten Familienhotels gewann.
Eine Auszeichnung, die noch seltsamer wirkt, da Tatjana darauf hinweist, mehrere Kinder seien an Brechdurchfall erkrankt. Eine banale Google-Recherche – Suchbegriff: „Delphin Diva Premiere Durchfall“ – ergibt dann mehr als 8000 Ergebnisse zum Thema. Und man ahnt, hier stimmt was nicht.
Da, hach ich nerve mich ja schon selbst damit, setzt meine Grund-Kritik an Holidaycheck an: Der Fehler liegt im System. Holidaycheck versucht, beides zu sein: Hotelbewertungs- und Hotelbuchungsportal. Ein nicht ganz einfacher Spagat. Der nur funktioniert, wenn mit größter Sorgfalt vorgegangen wird. Nur wenn die Hotelkritiken stimmen, ist Holidaycheck auch glaubwürdig. Das Portal tut nicht immer genug dafür, den Wahrheitsgehalt der Bewertungen zu überprüfen.
Dass es Optimierungsbedarf gibt, zeigen andere vermeintliche Gäste-Urteile für das oben genannte Delphin Diva Premiere. So bewertet ein Gast namens „Thomas“ das Hotel mit der Höchstnote 6.0. Er will im November einen vierwöchigen Badeurlaub in dem Haus verbracht haben, es war angeblich seine zehnte Reise ins Delphin. Thomas postet seit Oktober 2008 bei Holidaycheck. Es ist das Jahr, in dem das Delphin Diva Premiere eröffnet hat. Sein Profil ist nicht freigegeben…
Klar, man kann in fünf Jahren zehn Mal ins selbe Hotel reisen. Man kann immer begeistert sein. Aber schreibt man dann in der Bewertung wirklich nur, „dieses Hotel lässt für keinen Gast Wünsche offen“, hier muss man „sich einfach wohlfühlen“, ein „großes Dankeschön an das ganze Hotelteam“? Würde man nicht einzelne Mitarbeiter beim Namen nennen, den Hoteldirektor loben, auf einen nette Geste anlässlich des zehnten Besuchs hinweisen (oder ihr Ausbleiben kritisieren)?
Nicht minder irritierend ist das Bewertungssystem. Thomas gibt an, als „Paar“ verreist zu sein, und im Feld, in dem die Gäste angeben, mit wie vielen Kindern sie in dem Hotel waren, heißt es bei Thomas logischerweise: „keine“. Dennoch bewertet er die Familienfreundlichkeit mit der Höchstnote 6.0. Okay, das mag nur eine Kleinigkeit sein. Aber davon gibt es einige. Und man fragt sich: Wieso reagiert bei Holidaycheck niemand auf solche Ungereimtheiten?
Doch nicht nur übertriebenes Lob macht stutzig, auch unangemessene Kritik. So hat „Melanie“ ein Wochenende in der „Hubertus Alpin Lodge“ in Balderschwang verbracht. Sie gibt an, „als Freunde“ verreist zu sein, in einer „Junior Suite“ mit Blick „zum Innenhof“ gewohnt zu haben, Kinder „keine“. Doch bewertet sie in ihrer eigentlich positiven Kritik die Familienfreundlichkeit des Hotels mit mäßigen 3.0 und die Einkaufsmöglichkeiten in der Umgebung mit einer mageren 2.0.
Wir kennen die Hubertus Lodge, wir haben das Haus auch vorgestellt, es zählt sicherlich zu den besten Resorts in Deutschland. An Suiten „mit Hofblick“ können wir uns nicht erinnern. Es gab Familien mit Kindern, sie wirkten ganz zufrieden. Völlig absurd aber ist es, ein Hotel, das in einem Dorf in den Bergen liegt, für fehlende Shopping-Möglichkeiten abzuwerten. Bei einem Resort auf einer Malediven-Insel tut man das ja auch nicht.
Welche Möglichkeiten hat ein Hotelier, sich gegen solche Fehl-Bewertungen zu wehren? Das Team der „Hubertus Alpin Lodge“ schreibt mantra-artig in Stellungnahmen dagegen an. Andere Hoteliers ermutigen die Gäste, ihr Haus vor allem zu loben. Doch grundsätzlich liegt der Fehler im System.
Es ist gut, dass Holidaycheck einen „Code of Conduct“ hat und den umsetzen will. Es wäre noch besser, wenn das Portal viel aufmerksamer und kritischer wäre. Und mir fällt eine Forderung wieder ein, die ich schon vor einiger Zeit geäußert habe: Portale wie Holidaycheck brauchen Moderatoren, die die Glaubwürdigkeit einzelner Bewertungen objektiv hinterfragen.