Ein Paar auf Reisen: Tradition und Moderne – hinter den Overwater-Bungalows des Anantara-Resorts erhebt sich die Skyline des Stadtteils Dubai-Marina, in der Lobby sitzt ein Falke
Ein Hotelportrait von Susanne Baade (Fotos) und Dirk Lehmann (Text)
Was erwartet man von einem Spaziergang am Strand? Dass man Muscheln findet und aufsammelt, dass man den Wellen ausweicht, wenn sie nach einem lecken, und dass einem auf dem Weg zum Horizont höchstens die eigene Müdigkeit zur Grenze wird oder die Lust auf ein Glas Bier zum Sonnenuntergang in der Strandpinte oder das Ende der Insel, auf der man urlaubt. Doch es gibt keine Muscheln am künstlich aufgeschütteten Strand von Dubais Palmen-Insel. Es gibt kaum Wellen am geschützt liegenden Gestade, außer es kommt ein Boot vorbei. Es gibt keine Strand-Bars. Und irgendwie auch keinen Horizont, denn unser Spaziergang endet – an einem Bauzaun.
So was kann einem nur in Dubai passieren, der Stadt, für die heute jener berühmte Satz des Kulturkritikers Karl Scheffler zu gelten scheint, mit dem er einst das Berlin des frühen 20. Jahrhunderts charakterisierte als rastlosen Ort, „dazu verdammt, immerfort zu werden und niemals zu sein.“
Groß und grün: Unter den riesigen Hotels im Land der Superlative zählt das im asiatischen Stil errichtete „Anantara“ zu den kleinen. Und grünsten – mit Palmen und Frangipani
Wir blicken über die Bretterwand. Doch es ist nicht viel zu erkennen außer einer verdammt großen Hotel-Baustelle, auf der das nackte Chaos zu walten scheint, während das mehrgeschossige Gebäude teilweise noch ein Rohbau ist, werden am Ufer bereits von großen Maschinen Palmen in den Boden gestopft. Aber was verstehen wir schon davon.
Wir drehen um, schlendern zurück. Die Palme ist wie ein Neubaugebiet vor den Toren der Stadt, nur viel größer. Manche Parzellen sind leer, auf manchen wird noch gearbeitet, viele sind schon voll erschlossen. Wie das Stück Land auf dem Östlichen Blatt, auf dem das „Anantara Resort“ liegt – inmitten einer weitläufigen, üppig grünen Parklandschaft. Drei Lagunenpools mit fast 10.000 Quadratmetern bilden glitzernde Badebuchten zwischen Palmen und Büschen, Villen und dem Hauptgebäude mit seinen braunen Ziegeldächern, aus denen goldene Spitzen in den Himmel ragen. Eigentlich ein zauberhafter Ort.
Wasserwelten: Blick vom Privat-Pool durch den Bewässerungsnebel auf den hoteleigenen Strand
Und doch auch ein irritierender. Ein Hotel im thailändisch-asiatischen Stil auf einer künstlich aufgeschütteten Insel am Persischen Golf… Drei Pools so groß wie kleine Seen, einer hat sogar einen Strand aus feinstem Sand. Und an jedem steht ein erhöhter Stuhl, wie man ihn von Tennisplätzen kennt. Ein Lifeguard sitzt darin, bewacht die Becken, völlig unabhängig, ob jemand darin schwimmt. Es sind Männer in orangefarbenen Shorts und weißen Polo-Hemden. Sie grüßen höflich und freuen sich, wenn man sich mit ihnen unterhält, und einer erzählt von seiner Heimat Sri Lanka und schwärmt von den schönen Uniformen, die man in diesem Hotel bekomme.
Manchmal muss man innehalten und sich kurz zwicken. Besonders in den Momenten, in denen so eine reflexhafte Miesepetrigkeit in einem aufsteigt, wenn man den Kulturpessimisten in sich wettern hört, der all die Künstlichkeit Dubais geißelt. Hej, möchte man dem garstigen Typen zurufen, unternimmst du denn bloß Studienreisen in die Kulturhauptstädte Europas, gehst in Museen, hockst in der Oper? Was ist los mit dir?
Zimmer mit Ausblick: Vom Bett fällt der Blick auf den Pool der Villa und das „Atlantis“
Wir bleiben kurz stehen. Hinter uns der Bauzaun, vor uns ragen Kräne aus der Skyline des neuen Hochhausstadtteils Dubai Marina, und unter den Füßen fühlt sich der Strand leider überhaupt nicht so weich und fein an wie der am Hotelpool. Rau und grobkörnig ist der Strand, eher Baustellenkies. Wir streifen uns gegenseitig die Füße ab. Wie hat es hier wohl vor 30 Jahren ausgesehen? Wie wird es in 30 Jahren aussehen?
Aber keine Sorge, wir werden hier nicht zum x-ten Mal die Geschichte wiederkäuen von der Stadt der Perlentaucher, des Handels und des Öls, das nun schon seit fast 30 Jahren kaum noch eine Rolle spielt in der hiesigen Wirtschaft. Die profitiert von enormen Steuervorteilen für Investoren und Unternehmen. Und von einer Handlungsfreiheit, wie sie in anderen Ländern kaum möglich ist. Das spült viel Geld nach Dubai. Viele Reisende. Für die werden viele Hotels gebaut. Die Palme ist so eine Art Hotel-Expo. Hier stehen vor allem Ferienhäuser und Hotels, von riesig bis groß, von luxuriös bis teuer, von exklusiv bis einzigartig. Ein Ort der Superlative. Für den wiederum Männer verantwortlich sind, die Superlative verwalten. Der Inhaber des Anantara etwa ist der Chef des Port of Dubai. Der Hafen gehört zu den zehn größten der Welt.
Weitwinkel und Zoom: Man hat viel Platz im Anantara und eine Dekoration mit Sinn für Details
Groß ist auch das Hotel. Doch weitaus eleganter als ein Hafen. Wenn man die Haupthalle betritt, steht man in einem hohen Raum mit viel Marmor, dunklen Hölzern und großen Polstermöbeln. Über eine große Treppe geht es eine Etage hinunter in das Restaurant, in dem Frühstück und Mittagessen als Buffet aufgebaut werden in mehreren Stationen von Süß über Arabisch nach Fleisch und Fisch, Sushi und Salat, Käse und Brot. Uns überrascht die Vielfalt, die gemeinhin nichts gutes ahnen lässt. Aber die Qualität der Speisen überzeugt. Wir sprechen mit einigen Köchen, und es zeigt sich, dass Experten aus allen Teilen der Welt hier arbeiten. Offenbar waren für die Küche nur wirklich gute Leute gut genug.
Für den Service kann man das so nicht sagen. Kaum sitzen wir an einem Tisch, sprintet eine Kellnerin auf uns zu, fragt nach der Zimmernummer und will sofort wieder verschwinden. Wir rufen sie zurück, bestellen Getränke. Die dann nie kommen. Auch beim Check-Out erleben wir eine seltsame Situation, als sich zwischen uns der Rezeptionistin eine Debatte entspinnt um eine Flasche Wasser. Wir meinen, sie nicht der Minibar entnommen zu haben, die Rezeptionistin behauptet das Gegenteil. Es geht um 20 Dirham, 4 Euro. Und wir erinnern uns später an einen befreundeten Hotelier aus der Schweiz, der des Streitens um Beträge wie diesen müde war, Alkoholika aus den Minibars räumen ließ und deren Rest-Inhalt als im Übernachtungspreis inkludiert erklärte. Die Zufriedenheit seiner Gäste – ermittelt per Fragebogen – erhöhte sich sprunghaft.
Ein Ort für Leib und Seele: Stand-Up-Paddling-Tour vor der Palme und Top-Massage im Zimmer
Von Unzufriedenheit sind wir aber weit entfernt. Als erfahrene Reisende wissen wir, dass es eine Weile dauert, bis in einem neu eröffneten Hotel der Ton stimmt. Die Mitarbeiter, oft aus aller Welt zusammen geführt, müssen sich erst orientieren, das Haus kapieren, das Team, den Kodex. Und dann den Reality-Schock überstehen – die Gäste. Einigen scheint das gut zu gelingen, etwa dem deutschen Restaurantleiter, dem englischen Bootshaus-Chef oder den beiden thailändischen Spa-Experten, die uns mit einer zielgerecht ausgeführten Ganzkörpermassage überzeugen.
Herkunft verpflichtet: asiatische Küche in den Restaurants, gold-leuchtende Dächer in der Nacht
Leider konnte man uns keinen der für Dubai noch einzigartigen Overwater-Bungalows anbieten. Aber wir genießen den Luxus der kleinen Villa – größer als unsere Hamburger Wohnung – zwischen Palmen und Frangipani. Die Einrichtung ist edel, die Farben sind dezent. Es gibt viel Platz, im großen Bad zwei Waschbecken und zwei Riesen-Kleiderschränke, WC, Bidet, Whirlwanne, Dusche, in der allerdings ein Seifenhalter fehlt. Im Zimmer steht ein Sofa, ein Sessel, ein Couchtisch und ein Riesenfernseher; ein Schreibtisch, ein Bürostuhl ein großes Boxspring-Bett. Öffnet man die vier Flügel der Tür zur Terrasse, geht der Blick über den Privatpool hinaus in die Lagune der künstlichen Insel. Klar, eine Spielerei, so ein Planschbecken. Aber eine angenehme…
Abends, als sich die Dunkelheit über Dubai wirft und doch keine Chance hat gegen das bunte Leuchten der Hochhäuser, liegen wir noch lange wach und genießen die Ruhe und das Gefühl, an einem vitalen Ort zu sein, der nur kurz ausruht. Um sich am nächsten Tag wieder mit voller Kraft dem zuzuwenden, was er am besten kann – über sich hinaus wachsen. Werden statt sein.
Sag beim Abflug leise: Good bye, Super-Size-Me-World. Unter uns die Inseln der Welt und der Palme
Was uns gefällt
Sie sagt: Für mich als Halb-Portugiesin, die ich meine Sommer an der Algarve verbracht habe, ist so ein Ort schon seltsam – der künstliche Strand, das Fehlen des Trubels, dieses fast unwirkliche. Zudem tu ich mich schwer mit der Männer-Gesellschaft in diesem Land. Das Hotel ist sehr schön, unser Zimmer ein Traum, allerdings viel zu kalt… Warum ist das, dass man hier in Hotelzimmern, Malls und Autos immer fröstelt?
Er sagt: Man nehme ganz viel Geld, viel Platz, eine erfahrene Luxus-Hotelmarke und schaffe damit einen neuen Ort. Man kann zufrieden sein, wenn dabei so etwas heraus kommt. Das Resort als solches gefällt mir sehr gut. Die Probleme im Service – ich finde ja auch so witzig, wie die hier mit den Golfcarts über das Gelände rasen, das ist eigentlich unüblich für ein Luxushotel – sollten sich bald eingespielt haben. Wirklich überrascht hat mich die Qualität der Speisen. Das Essen ist sehr gut, besonders das asiatische.
Anantara Resort and Spa, Dubai The Palm, Vereinigte Arabische Emirate, Tel. 00971-4567 8888, www.dubai-palm.anantara.com
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Hinweis: Die Recherchereisen für diesen Blog werden zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien, Reedereien und/oder PR- bzw. Tourismus-Agenturen. Unsere journalistische Freiheit bleibt davon unangetastet. Wir danken den Anantara Hotels und Stromberger in München.