Wien im Sommer: noch mehr Reise-Tipps für ein heißes Wochenende

das Museumsquartier
Ein Sommer-Wochenende in Wien: Die Hitze lähmt sogar das sonst so quirlige Museumsquartier

Ein Reisebericht von Susanne Baade und Dirk Lehmann

Blau ist der Himmel, durch den kein Wölkchen zieht. Blau sind die überdimensionalen Outdoormöbel, die in der prallen Mittagshitze stehen, und in denen sich niemand fläzt (man würde darin eh eingehen). Und blau leuchten die gefliesten Becken der Springbrunnen, in denen Kinder planschen und Mütter ihre Füße kühlen. Eine blau-heiße Mittagszeit in Wien, scharf trennen Schirm- und Schattengrenzen den bevölkerten vom Transit-Raum, den man nur schnell durchschreitet, in dem sich niemand aufhält.

Wann schmilzt Vinyl?

Erneut steht das Thermometer dicht an der 40-Grad-Grenze. Selbst die Musik, die aus den Lautsprechern tönt, und das Museumsquartier zur Open-Air Music-Lounge macht, klingt matt. Im Rahmen der „Weekend-Sounds“ legen hier an den Wochenenden bekannte DJs auf. Und für diesen Sonnabend hat das bereits vor Monaten ersonnene, doch verdammt prophetische Line-Up das „Sweet Heat DJ-Team“ aufgestellt. Wir sehen Agent Well und A++ in der kleinen DJ-Kabine unter der Hitze leiden, die ihre Sets noch verstärken soll. Bis zu welcher Temperatur lässt sich Vinyl eigentlich abspielen, bevor der Diamant in die Platte eintaucht statt ihr Töne zu entlocken?

das Café Leopold im Museumsquartier   Kunst in der U-Bahn

S-Bahn Schilder  verlassene Schuhe auf dem Naschmarkt

Verkaufsstand auf dem Naschmarkt  japanische Reisegruppe
Die Wiener machen blau und verlassen die Stadt: Wir essen im Museumsquartier, fotografieren uns vor U-Bahn-Kunst, staunen über den leeren Naschmarkt und begegnen vor allem – anderen Touristen

Wir werden heute einen blauen Tag erleben. Auch auf dem Platz vor dem Kunsthistorischen Museum und auf dem Naschmarkt treffen wir vor allem asiatische Touristen, denen die Verkäufer nicht einmal halbherzig ihre säuberlichst aufgestapelten Früchte anzudrehen versuchen. Der Flohmarkt ist kaum halb aufgebaut, nur ein paar Neugierige schleppen sich an den Ständen vorbei, eher damit beschäftigt, die Hitze wegzuwedeln als sich ernsthaft für die feilgebotenen Waren zu interessieren. Selbst in der U-Bahn sind vor allem Fahrgäste anzutreffen, die genau so orientierungslos wie wir die bunten Linien des Netzes studieren. Überall nur Touristen. Die Wiener, so viel ist klar, machen blau von ihrer Stadt.

Wien macht blau

Es wird eine Weile dauern, bis wir sie wieder finden (und dann auch so viele auf engstem Raum, dass es uns auch nicht recht gefällt). Bis dahin beschäftigen wir uns mit einer Leidenschaft, der das push:RESET-Team zu 50 Prozent folgt: dem Radsport. Im MAK, dem Museum für Angewandte Kunst, läuft die Ausstellung „Tour de Monde„. Und es ist klar, dass ein Rad-Verrückter wie ich mir das ansehen muss. Susanne kommt mit, auch wenn sie kaum verhehlen kann, wie wenig Verständnis sie dafür hat, das man sich bei dieser Hitze für ein Rennrad mehr begeistern kann als für eine klimatisierte Limousine.

Ausstellung im MAK: Tour du Monde

Dirk ist begeistert: ein Schauff-Rennrad   und ein schickes Tandem für Vater und Sohn, ....oder Mutter und Tochter

Blick in die Ausstellung des MAK: Tour du Monde
Rad-Haus: Im Museum für Angewandte Kunst schweben bemerkenswerte Fahrräder aus aller Welt

Einige schöne Stücke hängen an dünnen Drahtseilen über dem Museums-Parkett. Zeitfahrmaschinen mit extremen Rahmengeometrien und bemerkenswerten Details, wie hinter der Gabel angesetzten Bremsen. Frühe Randonneure mit Doppelscheinwerfern und erste Räder mit federnden Sattelstützen. Rennräder aus aufwändiger Handarbeit, manche wundervoll verarbeitet, aber auch so mancher Design-Irrläufer wie das doppelte Unterrohr oder die direkt an den Gabelscheiden angesetzte Lenkgriffe.

Extremsportler aus der Vergangenheit

Eine spannende, sehr spitze Auswahl. Und so ganz leuchtet mir das Ordnungsprinzip nicht ein (gezeigt werden weder die ersten, noch die extremsten oder die besten Lösungen einer Zeit). Doch es macht Spaß, so viele Experimente des Fahrradbaus an einem Ort zu sehen. Mein Lieblingsrad ist der Zweisitzer „Bi Bici“ von Tur Meccanica aus Italien, bei dem der Nachwuchsrenner dem erwachsenen Fahrer quasi auf dem Rücken hockt.

"Take what you need"  Kaugummiautomat
Selfmade-Street-Art: Love, Peace und Understanding sind noch zu haben – und Kaugummi-Kugeln

Wir weichen der Hitze aus, indem wir mit der U-Bahn an den Fluss fahren. Diesmal besuchen wir einige Bäder der Stadt, erst das „Bundessportbad„. Später das berühmte Strandbad auf der Insel Gänsehäufel, die so heißt weil sie einstmals so ausgesehen haben soll wie Vogelkot auf dem Wasser (ja, so sans, die Wiener, die eine Kleingartenkolonie mit Sandstrand auch „Neu-Brasilien“ nennen). Es gibt mehrere Bade-Strände, Pools, Kioske, Restaurants, einen Hochseilgarten und unzählige so genannte „Kabanen“, in denen man nicht nur seine Sachen lagern sondern gar übernachten kann. Die mit einem Weidenhain begrünte Insel ist das Naherholungsgebiet der Stadt.

Ein Bad für 30.000

Heute ist es hier so voll, dass man erst dicht an dicht am Strand liegt, dann dicht an dicht im Wasser steht. Und wir fragen uns, ob es eine gute Idee war, den Wienern so lange hinterhergereist zu sein. Bis wir am Abend auf die Westseite der Badeinsel wechseln. Ruhig ist es hier inzwischen. Wir liegen auf einer Wiese und sehen der Sonne zu, wie sie langsam aber allmählich ihr Brennwerk einstellt und zwischen den Hochhäusern der UN-City untergeht. Um 19.30 Uhr werden wir per Lautsprecher aufgefordert, das Bad zu verlassen. Bis 20 Uhr müssen wir draußen sein. Und ein langer Strom an Menschen, mit Schwimmreifen und Planschtieren, wälzt sich der Stadt entgegen. Das Gänsehäufel bietet Platz für 30.000 Badegäste.

das Bundesbad in Wien

Badespaß im Bundesbad   mutige Brückenspringer im Gänsehäufel

die Kabinen im Gänsehäufel   der Ausgang
Am Wasser gebaut: An der Alten Donau liegen das Bundesbad und das Bad auf dem Gänsehäufel

Heute bleiben wir zum Essen in der Sommerfrische. Der so genannte Gastgarten „Zur Alten Kaisermühle“ wurde uns empfohlen. Auch diesmal zeigt sich, nicht nur wir warten hier darauf, dass einer der voll besetzten Tische frei wird. Vor uns stehen noch einige andere. Doch die Kellnerin ist nett, versüßt uns mit Aperitif die Wartezeit. Und während wir den Köchen beim Hantieren am großen Grill zuschauen, auf dem Fleisch und Fisch, Brot und Gemüse garen, deckt man uns einen hübschen Platz für zwei ein. Der Blick geht über den Fluss, der wie ein See im milden aber kaum kühler werdenden Abendlicht glitzert. Und völlig uninteressant wird als uns Seetang-Salat mit Garnelen serviert werden und Filets vom Mallorquinischen Schwein mit Brot. Köstlich. Als Dessert gibt es ein frisch-fruchtiges Champagner-Sorbet.

die Alte Kaisermühle

Eingang zur "Alten Kaisermühle"  der Grill
Mehr als ein Biergarten: In der „Alten Kaisermühle“ gibt es feine Küche, unprätentiös, aber gut

Auf dem Weg zurück machen wir noch einen Halt in einer angesagten Disco. Wir müssen einige Minuten anstehen, bis man uns Einlass gewährt in die „Pratersauna“ im Rotlichtbezirk Wiens. Die war mal ein Sauna-Betrieb. Heute hängt man mit einem Drink am Pool ab, einige springen – oder fallen – sogar hinein, andere vergnügen sich in einem der beiden Säle. In ersterem haut der DJ einen Tanz-Hit nach dem anderen auf den Plattenteller, im nächsten ist die Musik so spannend wie untanzbar. Wie nach einem ausgiebigen Sauna-Besuch fühlen wir uns in jedem Fall, als wir gegen zwei Uhr morgens auf der Straße stehen und nach einem Taxi zurück ins Hotel winken.

Sauna-Disco und Spektakel-Hotel

Zurück ins Hotel? Halt! Halt! Wir haben die Herberge gewechselt. Denn wir wollten unbedingt zwei Häuser in Wien erleben – das „Triest“ und das „25 Hours Hotel„. Und so sind wir umgezogen. In ein Hotel, das ein Spektakel sein will. „We are all mad here“ heißt es in großen Buchstaben über dem Gebäude, und die Mitarbeiter an der Rezeption stehen hinter Gittern, ein Schild warnt: „Füttern verboten!“ In den Zimmern ist jeweils die Wand hinter dem Kopfteil des Bettes bunt bemalt mit Zirkusmotiven, Jongleure, Dompteure und Feuerspucker. Und von der Decke hängt eine Stehlampe ohne Sockel. Das Bad verfügt über eine bodentief begehbare Dusche, und von der Rooftop-Bar in der 8. Etage, schlicht „Dachboden“ genannt, geht der Blick weit über die Stadt. Nachts funkeln die Sterne dazu. So bescheuert ist das alles gar nicht.

das stylische 25 hours Hotel in Wien

Frühstück im 25 hours   das Hotel von außen

die Roof-Top-Bar  Lobby mit Litfaßsäule
Manege frei! Das „25 Hours“ inszeniert sich als kleines Spektakel – und ist doch ein gutes Hotel

Das 25 Hours ist bunt und schräg und unterhaltsam und angesagt und erfolgreich. Und ein verdammt gutes Hotel.  Der Service ist jedenfalls sehr engagiert, nach dem das Zimmermädchen die Betten gemacht hat, kommt jemand, um noch einmal zu kontrollieren, ob alles stimmt. Das Frühstück ist sagenhaft vielfältig, und wir schließen das Hotel schon deshalb in unser Herz, weil wir hier bis 11 Uhr sitzen dürfen. Auch William Kentridge scheint das zu gefallen. Der Filmkünstler aus Südafrika gastiert gerade mit seinem Ensemble in der Stadt, eine Entourage des Lachens und der Fröhlichkeit am Nachbartisch. Ganz offenbar macht ihnen die Hitze nichts aus.

Wir haben uns mit unserem Kaffee auf die Terrasse gesetzt. Es ist Sonntag. Die Hitze liegt schwer auf der Stadt. Im Radio hieß es, dass es 38 Grad werden. Und dass am Abend mit Gewitterschauern zu rechnen sei. Es sind kaum Menschen unterwegs. Jetzt kommt ein Vater mit seiner Tochter über die Wiese geschlendert. Sie lassen den Spielplatz links liegen und gehen bis zum Springbrunnen, der den kleinen, nach einem Kaffee-Röster benannten Weghuberpark ziert. Das Wasser steigt in einer hohen Fontäne auf. Das rotlockige Mädchen steigt in das Becken, der Vater taucht seine Füße ins Wasser. Und der Himmel zeigt schon wieder dieses heimtückisch-harmlose Blau.

Station am Airportzug

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Feuerwerk_pushresetHinweis: Die Recherchereisen für diesen Blog wurden zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien, Reedereien und/oder PR- bzw. Tourismus-Agenturen. Unsere journalistische Freiheit bleibt davon unangetastet. Wir danken Wien Tourismus und dem 25 Hours Hotel.