Ein Paar auf Reisen in Dubai: „Connecting Minds“ lautet der Slogan für das Expo-Projekt der Hauptstadt der Arabischen Emirate – illustriert von diesem Helm-Mann
Ein Reisebericht aus Dubai von Susanne Baade (Fotos) und Dirk Lehmann (Text)
Die Chinesen sind die Helden auf der Fähre zurück von Libanon nach „The Palm“. Denn die Chinesen haben das Feuerwerk geliefert, mit dem die Araber den Sieg über Russen, Türken und Brasilianer feierten. 200.000 Euro soll es gekostet haben. 30 Minuten lang stiegen Raketen in den Nachthimmel über der künstlichen Inselgruppe „The World“ auf. Und beleuchteten einen Abend, an dem wohl alle vergessen haben, dass die „Welt“ momentan noch fast ohne Leben ist. Nur das dem Libanon nachempfundene Eiland wurde bisher eröffnet – als Beachclub. Es gibt ein paar Umkleidekabinen, Duschen, ein Restaurant und eine Tanzfläche mit Bühne. Man kann Libanon mieten für Familienfeiern und große Feste.
Am Mittwoch haben sich auf der Insel rund 100 Ehrengäste und Touristiker eingefunden, vor allem Hoteliers der ebenfalls künstlichen „The Palm“. Viele Häuser haben da kürzlich eröffnet, etwa ein „Sofitel“ und das „Anantara“, mit seinen für diese Destination ungewöhnlichen Overwater-Bungalows. Andere Hotels gehen im nächsten Jahr an den Start, ein großes „Kempinski“, ein elegant-weißes Waldorf-Astoria. Und für sie alle ist der Abend auf Libanon ein sehr wichtiger: Vier Städte hatten sich für die Ausrichtung der Expo im Jahr 2020 beworben, Sao Paulo, Izmir, Jekaterinburg und Dubai. Am Ende hat die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate gewonnen.
Klarer Punktsieg
Das Prozedere des Pariser Bureau International des Expositions sieht vor, dass in jedem der Wahlgänge der Bewerber mit den wenigsten der 164 zu vergebenen Stimmen ausscheidet. Zuerst fiel Sao Paulo raus, dann Izmir, und in der letzten Runde erhielt Russland 47 Stimmen, die Emirate 116. Eine ziemlich eindeutige Entscheidung.
Über-Morgenland: Dubai bewirbt sich als Gastgeber für die Expo im Jahr 2020
Schon lange galt Dubai als Favorit. Das Über-Morgenland hat hinlänglich bewiesen, dass es in der Lage ist, Großprojekte erfolgreich zu Ende zu bringen: das höchste Haus der Welt, der größte Flughafen, das luxuriöseste Hotel, was immer in Dubai entsteht, es hat den Glanz eines Superlativs. Man traut dem Land zu, erfolgreich das Expo-Projekt umzusetzen – unter dem Titel „Connecting Minds, Creating the Future“ soll aus einem Wüstenareal zwischen Airport und Hafen ein Ort des Austauschs werden.
Das Super-Emirat
Dabei hat auch das Super-Emirat einige Rückschläge hinnehmen müssen. Die Wirtschaftskrise traf Dubai hart, mehrere Prestige-Projekte wurden gestoppt, darunter die Welt und zwei weitere, geplante Palmen-Inseln, eine wurde bislang immerhin aufgeschüttet. Die Hoteliers auf der bereits vor einigen Jahren eröffneten Palmeninsel machten sich ebenfalls Sorgen, rund 30 weitere Häuser sollen hier bis zum Ende aller Bauphasen entstehen. Und auch auf dem Festland, etwa im Hochhausstadtteil Dubai Marina baut man Unterkünfte für Touristen. So mancher Hotelier fragte sich in einsamen Stunden: „Wo sollen all die Gäste her kommen?“
Twitter, Twitter in der Hand, welches ist das Ausrichter-Land? Ständig wird der Stand der Dinge kontrolliert. Mohammed Waleed zündet das Feuerwerk
Die Expo wird für einen neuen Touristen-Boom sorgen, da sind sich alle Emirati sicher. Auch deshalb wurde die Bewerbung von Anfang an von vielen Einwohnern unterstützt. Während in München das Projekt Olympia am Widerstand der Bevölkerung scheiterte, ergab eine Umfrage unter den Einwohnern Dubais, dass mehr als 90 Prozent der Befragten die Expo wollen.
90 Prozent sind dafür
„Wir erhöhen die Zimmerpreise“, so lautet die Antwort von Jean-Francois Laurent, Direktor des Anantara-Resorts, auf die Frage, ob es bereits einen Plan E gebe, E wie Expo? Doch dann lacht der Franzose, der erst vor wenigen Monaten von Ritz-Carlton zur thailändischen Hotelgruppe wechselte. Ja, es gebe schon Ideen für weitere Häuser, doch erst einmal müsse das im September eröffnete Resort in Schwung kommen. Die Buchungszahlen seien gut. Aber noch immer fehlen rund 50 Angestellte. Der Markt in Dubai ist hart umkämpft. Ein guter Ort für eine Karriere im Tourismus.
Triumph per Live-Übertragung aus Paris. Und dann heißt es „…and the winner is: Dubai“
Kurz nachdem Mohammed Waleed, der Herr aller Feuerwerke in Dubai, ein guter Geschäftspartner der eingangs erwähnten Chinesen und ein vielbeschäftigter Mann, denn es gibt hier oft etwas zu feiern, das Feuerwerk zündet, hält der Generaldirektor des Department of Tourism eine Rede. Von vornherein sei die Bewerbung um die Expo Teil einer groß angelegten Strategie gewesen: Bis 2020 sollen 20 Millionen Besucher jährlich nach Dubai kommen. Zum Vergleich: Von Anfang Januar bis Ende September 2013 waren es acht Millionen. Zur Zeit verfügt Dubai über 82.000 Hotelzimmer, deren Zahl soll sich bis zur Expo verdoppeln. 5 Milliarden Dollar will das Emirat investieren.
Destination im Aufbruch
Die Stimmung an Bord der Fähre ist gut, aber nicht ausgelassen. Die Emirati freuen sich, aber sie drehen nicht durch. Und kaum eine Stunde nach Verkündung, dass Dubai die Expo 2020 ausrichtet, wird Libanon kleiner und kleiner hinter dem Heck. Die Party ist aus. Irre, selbst der Gewinn so mancher Kreisliga-Meisterschaft würde in Deutschland ausschweifender gefeiert als dieses bedeutsame Ergebnis.
Auf der Palme angekommen verweigern wir den allgegenwärtigen Limousinen-Transfer und laufen zurück in unser Hotel. Obwohl wir durch seidenmilde Nacht-Luft gehen, das Rauschen des Meeres im Ohr, ist es kein schöner Spaziergang. Viel zu unfertig wirkt all das hier noch. Rot blinken die Kräne über „Waldorf Astoria“, in der Ferne blitzen ihre Kumpels über anderen Hotelneubauten. Es ist faszinierend und befremdlich gleichermaßen, was hier passiert. Hotel um Hotel wird in den künstlich aufgeschütteten Boden gepflanzt wie die Palmen, die die Strände säumen, die sich unter den Füßen so ungewohnt rau anfühlen. Wie Baustellensand.
Baukräne und Baustellensand
Ja, die Hotels sind toll. Doch noch fehlt vieles andere einer touristischen Infrastruktur. Wer auf The Palm wohnt, lebt vor allem im Hotel. Keine Cafés, keine Restaurants, kein Anreiz, die Welt vor dem Resort zu erkunden. Da hat Dubai noch am meisten Nachholbedarf. Urlauber sind nicht nur an Superlativen interessiert, sie wollen auch die Seele eines Ortes spüren. Da wird sich dieses Land noch öffnen und zugänglicher werden müssen.
Bis dahin bleibt vor allem eins zu sagen: Glückwunsch, Dubai.
Shisha entspannt, auch im Stress der Stimmenauszählung. Im Funkenregen des Freuden-Feuerwerks über die Vergabe der Weltausstellung 2020 nach Dubai lässt man sich in Siegerpose fotografieren – wir auch
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Hinweis: Die Recherchereisen für diesen Blog wurden zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien, Reedereien und/oder PR- bzw. Tourismus-Agenturen. Unsere journalistische Freiheit blieb und bleibt davon unangetastet. Wir danken den Anantara Hotels.