Vereinigte Arabische Emirate: Adler über Dubai – mit der Harley ins Herz der Metropole

Smog über Dubai

Ein Paar auf Reisen: Welt-Stadt im werden – aus dem Dunst der Wüste reckt sich Dubai gen Himmel

Eine Reisereportage von Susanne Baade (Fotos) und Dirk Lehmann (Text)

Seit kurzem kann man bei Eagle Rider in Dubai auch Harley Davidson-Bikes mieten. Was eine wundervolle Idee – auf einer Maschine dieser traditionsreichen Motorradschmiede das Über-Morgenland zu erkunden

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Plötzlich sprintet der Security-Mann aus seinem Häuschen an der Auffahrt zum Hotel und springt mir wedelnd vor die Karre. Bremsen. Kupplung ziehen. Beine raus (damit das Motorrad nicht umkippt). Was will er nur? Er steht vor mir, sein Mund bewegt sich. Doch die Harley bullert so laut, ich verstehe kein Wort. Engine STOP. Und nun brüllt der Security-Mann noch den Rest seines Satzes: „…a photo with me?“

Hihi, klar. Ich parke die Maschine vor dem Springbrunnen, und wir machen ein Foto. Und dann noch eins. Und noch eins. Und unzählige weitere. Denn kaum hat sich bei den Mitarbeitern im „Anantara“ herumgesprochen, dass sie für ein Bild auf der Harley sitzen dürfen, stehen sie quasi an. Man fotografiert und fotografiert, anfangs noch mit Harley und mit mir, später aber vor allem ohne mich.

alle wollen sich mit der Harley fotografieren lassen   Touristen suchen ein wenig Schatten

unter "The Palm" hindurch ans andere Ufer  Susannes Helm sitzt schief

Bauarbeiter wundern sich über den Lärm   Posing mit Harley
Sicherheitsmänner und Sicherheitsrisiken: Der Security-Mann vom „Anantara Resort“ auf Dubais Palmen-Insel wollte unbedingt auf der Harley sitzen, Susanne wollte vor allem darauf sitzen bleiben, denn Fahrer Dirk war anfangs sehr ungestüm mit Kupplung und Gas

Dafür stellen sie mir viele Fragen zu dem Moped. Was kostet die Harley? Wie schnell ist sie? Wie viel PS? Dabei weiß ich nur wenig über die Fat Boy. Außer dass sie hochgradig unvernünftig ist was das Verhältnis Komfort und Benzinverbrauch betrifft (anderthalb eher mittelmäßig bequeme Sitzplätze bei 5,6 Liter auf 100 Kilometer, da hat jeder Smart mehr zu bieten). Dass sie verdammt teuer ist, für 20.000 Euro gibt es nicht einmal ein modernes ABS-Bremssystem.

Und dass sie ein hammergeiles Teil ist: Die Beschleunigung macht Spaß. Das Cruisen mit geringer Geschwindigkeit erweist sich als der Sinn des Motorrad-Fahrens. Und für den Mann am Lenker klingt das Bollern und Knallen des Motors wie Musik. Man vergisst völlig, wie sehr es Passanten quälen kann. Als Hamburger mit einiger Harley-Days-Erfahrung weiß ich, wovon ich spreche.

Bauarbeiten auf dem Weg ins Atlantis

Hochhaus am Horizont: über den Highway auf die Palme, im Hintergrund das „Atlantis“

Aber als ich erfuhr, dass der weltweit größte Motorrad-Verleih Eagle Rider eine Dependance in den Emiraten eröffnen würde, habe ich sofort Kontakt aufgenommen. Ich wollte eine Tour der Widersprüche machen: Eagle Rider vermietet vor allem Maschinen von Harley-Davidson. Das 1903 in Milwaukee gegründete Unternehmen gilt als einer der ältesten Motorradhersteller, der berühmte V-Motor wird – zwar immer wieder modernisiert – in dieser Form seit rund 100 Jahren gebaut. Es gibt innovativere Motorradhersteller, es gibt zeitgemäßere Fahrzeugkonzepte, und genau deshalb ist es reizvoll mit so viel Zweirad-Geschichte unterm Hintern durch diese Reißbrettstadt zu bollern.

der grüne Safa Park  am Jumeirah-Strand

strickte Regeln für Parkplätze...  Dirk vor dem Burj Al Arab
Cruising Dubai: Hinter dem Safa-Park erhebt sich das höchste Gebäude der Welt, der Burj Khalifa, hinter dem Motorradfahrer das vermeintlich luxuriöseste Hotel der Welt, das Burj al Arab

Der Charme dieser Reise beginnt bereits mit dem Hotel. Es liegt auf der aufgeschütteten Palmeninsel und wirkt selbst ein wenig, nun ja, artifiziell. Das neue „Anantara“ wurde im „thailändischen Resort-Stil“ errichtet – ausladende Pagoden-Dächer, goldene Löwen im Foyer und drei insgesamt 10.000 Quadratmeter große Lagunenpools. Zudem rühmt sich das Hotel, die ersten Over-Water-Bungalows Dubais anzubieten und ein asiatisches Spezialitäten-Restaurant. In der Eigenwerbung heißt es über das Haus mit 300 Zimmern ab 275 Dollar pro Nacht, es sei ein „wondrous place“ voller „unimagenable magnificence“. Hui.

Skyline bei Nacht

unsere Villa im Ananatara Hotel auf the Palm   das Gelände ist mit Pflanzen übersät
Refugium statt Brimborium: Hinter dem „Anantara“ leuchtet die Skyline von Dubai Marina

Uns gefällt die Weitläufigkeit, eine Gartenlandschaft mit Palmen und weiß blühenden Frangipani-Büschen, mit großen Pools und einem hoteleigenen Strand. Überall hat man viel Platz. Das Anantara ist ein perfekter Ort für einen exklusiven Kurztripp in die Sonne (mehr über das Haus, seine Stärken und Schwächen in unserem Hotel-Portrait). Und nachts leuchten am Himmel die Hochhäuser wie fremde Sternbilder. Mag sein, dass Dubai eine Kunstwelt ist, doch seine Skyline ist spektakulär.

Als am Morgen die Harley gebracht wird, übertönt ihr infernalischer Sound das Säuseln der Luxuskarossen in der Hotel-Vorfahrt. Die Fat Boy ist ein schwarz-roter Bulle mit Scheibenrädern, Retro-Scheinwerfer und Doppelauspuff. Eine ganz neue Maschine. Eagle Rider-Mann Rayan erklärt Schalter und Schlüssel. Und reicht uns zwei nagelneue Helme. Wir, völlig aufgeregt, wollen schon los. Da fällt uns die wichtigste Frage ein für so eine Spirtztour: „Welche Route empfiehlst du?“ Rayan lächelt. „Fahrt am Ufer entlang, folgt der Promenade bis zum Jumeirah-Beach.“

Tanklaster bringen Süßwasser   Strom wird natürlich auch gebraucht

professionelle Falkenshow in der Wüste   noch hat der Falke die Kopfbedeckung auf
Import, Export: Dubai braucht viel Trinkwasser und Energie, verkauft Historie und Visionen

Auf den ersten Kilometern gilt es, die Karre zu verstehen. Das Spiel aus Gas und Kupplung muss stimmen, damit Susanne nicht auf die Straße plumpst. Die Übungskilometer legen wir auf der Palme zurück. Wir passieren unzählige Baustellen, die Arbeiter aus Indien und Sri Lanka halten kurz inne und lachen uns an (oder aus; denn so richtig bequem ist der hintere Sitzplatz nicht). Fast alle Häuser, die hier entstehen, werden Hotels oder Ferien-Apartments. Wir passieren das riesige Atlantis, vor dem sich viele Touristen fotografieren. Dann stechen wir durch den Tunnel, der die Palme mit dem Festland verbindet. Wir versägen ein paar Bentleys und Porsches. Und tauchen ein in das Licht der Stadt.

Über mehrspurige Straßen und durch krasse Hochhausschluchten. Ein verrücktes Born-to-be-wild-Feeling. Wir spüren die Mittagssonne, den warmen Fahrtwind, die Hitze des Motors unter uns. Wenn wir an einer roten Ampel stehen, glühen unsere Hintern. Sehnsuchtsvoll blicken die Fahrer aus ihren wohltemperierten deutschen Luxuslimousinen zu uns. Wir fahren zum Jumeirah-Strand. Und springen schon bald wieder ungeduldig auf die Karre. Denn langsam wird klar, was uns fehlt: historische Kurven, eine windungsreiche Küstenstraße, Straßencafés, lässige Kerle mit angeberischen Tattoos, Mädchen mit kurzen Röcken – das werden wir hier nicht finden. Die Vergangenheit Dubais liegt in der Wüste.

geschafft – der Falke fängt den Köder in der Luft

Liebe geht durch den Magen: Der Falke zeigt seine Flug-Kunststücke nur weil er Hunger hat

So sitzen wir am Nachmittag in einem Allradauto von Arabian Adventures und fahren in die Sanddünen am Stadttrand von Dubai. In einem Wüsten-Camp zeigt uns ein Falkner, wie akrobatisch so ein Vogel fliegen kann. Immer wieder versucht das Tier den an der Leine geschleuderten Köder zu fangen. Denn genau darauf basiert die Beziehung zwischen Falke und Trainer, der eine hat Hunger, der andere Futter.

Unsere Tour geht weiter in ein Wüstencamp. Auf dem Weg dahin lässt unser Fahrer den Wagen so lange über die goldgelben Dünen tanzen, bis Susanne seekrank aussteigen muss. Die Zwangspause tut gut. Auch die beiden Schotten, die mit uns im Auto sitzen, lehnen sich mit weichen Beinen aneinander, ergriffen aber von der Stimmung in der Wüste. Die Sonne geht unter, so kitschig schön, dass wir Foto um Foto machen.

der Falke starrt uns an   und ist ruhig, sobald er nichts mehr sehen kann...

Dünenritt mit Vierrad-Antrieb   dabei geraten wir ordentlich in Schräglage und Susanne wird schlecht

Wüstenritt auf vier Beinen   das Camp wurde im Stil der Beduinen eingerichtet
Showtime in der Wüste: Falken, Kamele und Allradautos, die über Dünen schleudern

Nach Einbruch der Dunkelheit werden wir in ein Riesen-Bedouinen-Dorf gekarrt. Fast 200 Allrad-Autos treffen hier zusammen. Rund 800 Urlauber aus aller Welt werden mit arabischem Essen, Bauchtanz und Henna-Tattoos beglückt. Nein, man findet hier keine Dubai-Romantik. Aber eine spannende Mischung aus Tradition und Organisation. In solchen Momenten hat man den Eindruck, die Emirati lassen sich nicht gern vereinnahmen. Sie wollen zeigen, woher sie kommen. Doch sie inszenieren ihre Vergangenheit wie eine Show. Gut gemacht. Aber es berührt einen nicht.

Am Mittag soll die Harley wieder abgeholt werden. Ich sage Rayan, dass ich noch eine Runde drehen muss, es gibt da noch was zu erledigen. Er sagt, kein Problem. Spotzend springt der Motor an. Einen Gang einzulegen klingt, als würde man mit einem Vorschlaghammer auf einen Felsklotz hauen. Und dann gibt Fat Boy die Kupplung frei, und es startet ein neuer Ritt über die Palme. Hej, Dubai, so leicht kommst du uns nicht davon. Wir wollen dich kennen lernen. Wir sind wieder unterwegs. Wir wollen mehr von dir…

Sonnenuntergang über der Wüste

nachts werden die Dünen beim Camp beleuchtet

Wüste-Momente: Sonnenuntergang zum Niederknien und beleuchtete Dünen über der Party-Oase

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Feuerwerk_pushresetHinweis: Die Recherchereisen für diesen Blog werden zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien, Reedereien und/oder PR- bzw. Tourismus-Agenturen. Unsere journalistische Freiheit bleibt davon unangetastet. Wir danken den Anantara Hotels, Stromberger und Eagle Rider.