Jordanien: Ein Bad in Jesus Taufbecken und Salz auf der Haut. Viel Salz…

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Nur wenige Reisen führen an Orte, die weit mehr sind als eine Sehenswürdigkeit. Wer nach Jordanien kommt, findet viele dieser „Aura-Orte“ – sie entziehen sich aller Moden und gehören in den Kanon der Reiseziele, die man einmal im Leben besucht haben sollte: Der Fluss Jordan, in dessen Wassern Jesus getauft wurde, und in dem heute Touristen baden. Der Berg Nebo, von dem aus Moses das Gesegnete Land sehen durfte, das heute fern scheint wie einst. Das Tote Meer.
Eine Reise nach Jordanien verbindet mit der Welt unserer Werte. Und bietet darüber hinaus einen großartigen Zugang zur arabischen Zivilisation. Eine Annäherung in zwei Teilen

eine Reisereportage von Dirk Lehmann (Text und Bild)

„Ahhh“, juchzt die Frau und stöhnt und legt sich auf den Rücken. Und ihre jüngere Begleiterin, vielleicht die Tochter, lässt Wasser auf sie herabtröpfeln. Übermütig wälzen sich die beiden in den Fluten, scheinbar darauf bedacht, überall benetzt zu sein, immer wieder tauchen sie die Köpfe ein in den Jordan, der hier etwa hüfttief ist und von hellbrauner Farbe. Im Frühsommer führt der Fluss noch recht viel Wasser. Im August wird er nurmehr ein Rinnsal sein.

„Russen!“ poltert unser Guide, nicht den Hauch eines Zweifels daran lassend, dass er dieses Verhalten inakzeptabel findet. Auf der israelischen Seite dürfe man im Fluss baden. Frauen tragen dafür einen scherzhaft „Burkini“ genannten, weißen Bade-Umhang. Männer scheinen nicht so gern zu schwimmen. Wir sehen die Teilnehmer einer Reisegruppe nur so weit ins Wasser gehen, wie es ihre Shorts zulassen. Unser Guide wendet sich ab. Erwachsene Männer in kurzen Hosen, ha! Für einen Araber ein Graus. Und er fährt fort in seinem Vortrag: Dass dies die Stelle des Flusses sei, in der Jesus Christus getauft worden sei. Jordanien hat viel Geld investiert anlässlich des Besuchs von Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000. Wir erleben eine Wüstenlandschaft mit angelegten Wegen durch Olivenhaine. Goldene Kirchenkuppeln glänzen im Sonnenlicht.

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Es ist ein heißer Juni-Tag, und recht wenige Reisende sind zur Zeit im Land. Dabei ist Jordanien sehr gastfreundlich, offen für viele Glaubensrichtungen. Und fest verankert in der „Allianz gegen den Terror“. Das ist, so unser Guide vorsichtig, nicht für alle Einwohner gleichermaßen nachvollziehbar. Jordanien ist ein Einwanderungsland. In den Großstädten bilden die Palästinenser, die nach dem Sechs-Tage-Krieg gekommen sind, die Bevölkerungsmehrheit. Immer wieder spülen Konflikte – etwa der Irak-Krieg oder momentan der Bürgerkrieg in Syrien – Flüchtlinge in das kleine Land zwischen den Todfeinden Saudi-Arabien, Ägypten und Israel.

Jordanien hat eine eindeutige Haltung in diesem Konflikt. Das Königreich kooperiert mit den USA, man hat einen Friedensvertrag mit Israel unterzeichnet, die Palästinenserorganisation PLO ist im Land verboten. Und nach der Ermordung eines jordanischen Piloten durch die Terror-Organisation IS hat es Vergeltungsschläge gegen deren Stellungen gegeben. Trotz der klaren Position leidet der jordanische Tourismus unter den Konflikten in der Region. Dabei ist das rohstoffarme Land auf die Einnahmen durch Reisende aus aller Welt angewiesen – sie sorgen für zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

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Für uns Reisende fühlt sich das erstmal gut an. Keine Wartezeiten, wenn man die Taufstelle von Jesus Christus besichtigen will. Kaum Verkehr auf den großen Straßen, wenn es schließlich per Bus durch die Hauptstadt Amman zum Mount Nebo geht, von dem aus Moses das Gelobte Land sehen durfte, das er selbst nie erreichte. Und wir stehen hier oben, der Blick geht über eine karge Welt von bizarrer Schönheit. Drei Landschaften prägen Jordanien: Die Hochebene des Gilead-Gebirges mit Amman, der Große Afrikanische Grabenbruch mit dem Golf von Aqaba am Roten Meer und der Jordangraben, der bis zum Toten Meer führt. Nur hier und da ein Hauch Grün. Wir erfahren, dass Jordanien in etwa zehn Jahren Trinkwasser importieren muss, dass der Bau einer Pipeline geplant sei und am Roten Meer erste Meerwasser-Entsalzungsanlagen entstünden.

In einem Restaurant in Madaba vergessen wir diese Probleme des Gelobten Lands. Wir sitzen in einem schattigen Innenhof und genießen das Essen. Die kulinarische Kultur Jordaniens hat ihre Wurzeln im Libanon: Kichererbsencreme, Petersiliesalat, Falafel, scharfe Tomatensauce, Auberginenmus, Fladenbrot, geminztes Lammhack, Hähnchenkeulen, Reis. Wir sitzen und genießen. Und werden dabei beobachtet von den Kellnern des Restaurants. Junge Männer, die sich vor allem für ihre Smartphones interessieren. Man merkt ihnen an, dass sie uns Reisende nicht wirklich verstehen. Was macht ihr hier? Ah, Urlaub…

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Ein Bus bringt uns ins Hotel ans Tote Meer. Für mich eine Premiere. Noch nie habe ich am tiefsten Punkt der Erde gestanden, an der korrekterweise tiefsten Landstelle der Erde (unter Wasser geht es ja noch viel weiter hinab): 420 Meter unterhalb des Meeresspiegels. Vor mir breitet sich der salzhaltige See aus. Seine Oberfläche glänzt seidenmatt. Keine Wellen bewegen das Wasser, der Wind erzeugt eher graphische Muster. Und die Menschen, die hier baden, scheinen eher auf der Wasseroberfläche zu schweben. Als ich später selbst – nachdem ich mich neben vier vergnügungssüchtigen Japanerinnen mit brauner Heilerde eingerieben habe – im Wasser bin, fühlt sich das gar nicht wirklich wie „Schwimmen“ an. Eher so als würde man sich selbst in Gelee einlegen.

Mit einem Golfcar werden wir Gäste zurück gefahren in ihre Zimmer. Das „Mövenpick Resort and Spa Dead Sea“ ist mehr als ein Hotel – es ist einem arabischen Dorf nachempfunden. Rostbraune Gebäude verteilen sich in einem 6.000 Quadratmeter großen Palmengarten mit tropischen Blumen und grünen Hecken, dazwischen Pools wie blaue Edelsteine. Eine wunderbare Oasenphantasie mit Blick aufs Tote Meer. Es gibt diverse Restaurants. Und wir treffen uns auf ein Steak mit einer Managerin der Hotelgruppe. Geboren in Beirut lebt sie jetzt in Amman, das ihr vorkommt wie Beirut vor 20 Jahren, modern, dynamisch, aufregend. Eine Metropole, die über dem Land zu schweben scheint. Wie die Badenden im Toten Meer.

Hinterher bedauere ich doch ein wenig, dass ich selbst während dieser Reise nicht in die Hauptstadt fahren werde. Ich mache einen Spaziergang hinab zum Pool. Es ist wahnsinnig still, keine Vögel, keine Nachtschwärmer. Unter mir dehnt sich weit und grau das Tote Meer aus. Der Himmel spiegelt sich nicht darin, er wird darin aufgenommen. Asphaltsee hat man es in der Antike auch genannt. Das beschreibt sein Aussehen. Und die Kraft und Ruhe, die es ausstrahlt.

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Interessiert? Hinfahren!

Viele Infos zu den Reise-Angeboten in das Wüstenland bietet die Website von Visit Jordanien. Für die Anreise bietet sich Royal Jordanian an, die staatliche Airline fliegt mehrmals wöchentlich von Deutschland nach Amman.

Eine wundervolle Heimat in der Ferne bieten die Mövenpick Hotels und Resorts. Hier geht es zu weiteren Reisereportagen über das Land.

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