Das Haus am Waldsee zeigt Arbeiten von Takehito Koganezawa
Vom Fluss der Zeit: Dirk und ich sind nach der ITB übers Wochenende in Berlin geblieben. Immer wenn wir in Berlin sind, besuchen wir eine Kunst-Ausstellung, diesmal fuhren wir raus nach Zehlendorf, um im Haus am Waldsee die Arbeiten des japanischen Künstlers Takehito Koganezawas zu sehen.
Koganezawa, der wie viele Künstler inzwischen in Berlin lebt, setzt sich in „Luftlinien“ mit dem Fluss der Zeit auseinander und wie man ihn erfassen kann.
Auch bei einem Sabbatical geht es um Zeit, um den Ausstieg aus dem Hamsterrad des Alltags. Doch was ändert sich dadurch? Wie werde ich den veränderten Fluss der Zeit wahrnehmen, wird die Zeit schneller vergehen oder langsamer? Im Museum, das nach 1945 eines der ersten gewesen ist, in dem zeitgenössische internationale Kunst ausgestellt wurde, finden sich neben einigen Zeichnungen auch Videoarbeiten Koganezawas.
Paint it Black, and Erase, 2010
In „Paint it black and erase“ verstreichen Hände die auf einer Glasplatte aufgetragene schwarze Farbe, in fließenden Bewegungen wischen mal die Finger mal eine Handfläche über die Scheibe und schaffen so sich ständig ändernde Formen und Strukturen. Immer und immer wieder. Ich kann mich dem Sog der Bilder kaum entziehen, denke „weiter, weiter“. So schön sind die neuen Bilder, dass die alten ständig weichen sollen, ich will neue Farbflächen entdecken. Dieses Gefühl fasziniert mich, ich gehöre eher zu den Menschen, die Vergänglichkeit traurig macht, die Dinge und deren Schönheit erhalten möchte.
Graffiti of Velocity, 2009
Die zentrale Arbeit befindet sich im abgedunkelten Hauptraum. Ein flirrendes Gewirr aus Formen und Linien in vielen Farben, die an Decke, Boden und die Wände projiziert wird. Es sind eigentlich Filmaufnahmen, die Koganezawa bei nächtlichen Autofahrten durch seine Heimatstadt Tokio mit einer Handkamera aufgezeichnet hat, jetzt werden sie von mehreren Beamern mit hoher Geschwindigkeit abgespielt. Sekundenschnell tanzen die Formen, die Farben durch den Raum, unnachgiebig zieht der Farbrausch der Großstadt den Betrachter in den Bann und betört mit ständiger Bewegung. Nach einiger Zeit muss ich raus, ich will zurück ans Tageslicht, der Schnelligkeit der Bilder entfliehen.
Das Museum liegt im Berliner Bezirk Zehlendorf, die Fahrt dahin war eine Reise durch die Stadt, bis statt hoher Mietshäuser Villen den Straßenrand säumten und sich dahinter Wald erstreckt. Wir machten einen Spaziergang um den See Krumme Lanke. Noch waren keine Blätter an den Bäumen, doch sangen schon die ersten Vögel. Ich blieb stehen und hörte zu.