1. Etappe: Höhe Startort Lukla: 2860 Meter • Höhe Zielort Monjo: 2850 Meter • Distanz: ca. 12 Kilometer • Gehzeit: ca. 5 Stunden • Besonderheiten: viel Verkehr auf dem wichtigsten Abschnitt des Himalaya Highways
Start am Flughafen von Lukla: Träger und Touristen auf dem Weg nach Monjo
Ein Reisebericht von Susanne Baade und Dirk Lehmann
Wie konnte das passieren? Plötzlich präsentiert uns Guide Som einen jungen Kerl und erklärt in seinem knorrigen, nicht immer leicht verständlichen Englisch: „You. Porter.“ Es dauert einige Momente, bis ich begreife: Der Junge, der da vor mir steht und aussieht, als wäre er gestern 15 geworden, wird meinen Rucksack tragen. Ich protestiere. Doch dann beuge ich mich der Erkenntnis, dass ich a) tatsächlich besser fotografieren und notieren kann, ohne Gepäck auf den Schultern, und dass b) der Junge von dem Geld lebt. Und doch ist es ein seltsames Gefühl, hinter dem eigenen Rucksack herzutrekken.
Aber das passt zu unserer Verweichlichung: Das Zelt haben wir zurück gelassen, wir werden in Lodges schlafen. Und weil es gut ausgestattete Lodges sind, blieben auch die Daunenschlafsäcke, die uns in Kanada noch vor dem Erfrieren bewahrt haben, und die so manche Berghütte erst erträglich machen, in Kathmandu. Komfort-Trekking heißt diese Art in den Bergen zu wandern im Programm des Veranstalters DAV Summit Club. Es macht den Himalya zum Abenteuer auch für Freizeit-Alpinisten wie uns.
Puristen rümpfen darüber die Nase, die schlafen im Zelt oder in irgendeiner billigen Unterkunft. Doch wie wir später noch erfahren werden, haben manche Einheimische den Eindruck, die Bergsteiger sind an der Landschaft und den Menschen hier eigentlich nicht interessiert, sie wollen vor allem Gipfel erobern. Wanderer wie wir aber bringen Geld in die Region, schlafen in weichen Betten, essen gut, und lassen den inzwischen leichten Rucksack auch noch tragen. Meiner wiegt nur 13 Kilogramm, wie sich am Airport zeigte. Und der kleiner Porter schultert das schwarze Mammut-Monstrum als wäre es ein Brot-Beutel für die Schule.
Im Trekker-Dorf: Ein Kind wäscht sich, Dirks Rucksack auf fremdem Rücken
Wir gehen durch Lukla. Das Dorf ist ganz auf Trekker ausgerichtet, es gibt Stände und Shops mit Outdoor-Gear, Cafés mit freiem Wifi und Unterkünfte, die Namen tragen wie „North Face Guesthouse“. Ein Kind badet in einer Schüssel auf der Straße, und Träger buckeln Lebensmittel und anderes in Richtung Everest-Gebiet. Am Kontrollpunkt, an dem wir die Trekking-Permits vorzeigen müssen, verlassen wir den Ort mit seinen bunten Häusern und Hütten. Hier beginnt der Himalaya-Highway, der Weg aus Steinen, Steinplatten und Sand verlangt volle Aufmerksamkeit, besonders die vielen Stufen, über die es auf den ersten Kilometern ständig bergab geht. Wenig Gelegenheit, die Landschaft zu genießen. Nur hin und wieder sehen wir zu den Bergriesen auf, die in den blauen Himmel ragen. Die Sonne scheint. Ein perfekter Tag.
Check-In: Jeder Tourist muss an mehreren Check-Points das Permit zeigen
Auf den ersten Kilometern dann eine erste Übung in Demut. Während wir hinter Som herstaksen, der ein ruhiges Tempo einschlägt, überholen uns die Porter. Während unsere Füße in Top-Wanderstiefeln stecken, tragen die Porter ausgelatschte Turnschuhe oder gar Flipflops. Und während wir für unsere 13 Kilo einen Helfer haben, buckeln die Porter gewaltige Lasten an uns vorbei: Berge von Dosenbier, Gasflaschen, Bauholz und Säcke voll Knoblauch.
Im Himalaya wird fast alles von Menschen getragen. Es gibt keine Straßen, Helikopter sind zu teuer. Ein Porter, so erfahren wir, erhält pro Kilogramm und Tag 60 Rupien. Schon deshalb schleppen die Männer (es gibt auch einige wenige Frauen in diesem Beruf) so schwer, bis zu 125 Kilogramm. Porter im Tourismus erhalten eine Tagespauschale von ca. 1000 Rupien. Aus diesem Grund ist unser Träger auch recht vergnügt, obwohl ihn seine Schlepper-Kumpels manchmal schräg von der Seite anquatschen.
Bauholz, Gepäck, Lebensmittel: Die Porter versorgen den Himalaya. Ihre Stöcke sind keine Gehhilfen sondern Stützen, damit die Träger beim Absetzen ihrer bis zu 125 Kilogramm schweren Last nicht umkippen und auf dem Rücken liegen wie Käfer
Die letzte Stunde des Trekkings ist beschwerlich, es geht stetig bergan. Eine schwer beladene Yak-Herde drängt sich an uns vorbei, ein Schrank auf zwei Beinen überholt uns, an einem Haltepunkt stehen die Porter und rauchen. Und dann fängt es auch noch an zu regnen. Spätnachmittag, die Dämmerung bricht früher herein in den Bergen, erreichen wir die Everest Summit Lodge in Monjo. Nach einer warmen Dusche wird das Abendessen serviert: Dal Bhat. Das traditionelle Gericht besteht aus einer Portion Reis auf einem großen Kupferteller, darauf stehen noch drei kleine Schüsseln mit kräftig gewürztem Gemüse, mildem Geflügelcurry und einer scharfen Linsensauce. Man mischt es Bissen für Bissen neu. Sehr lecker.
Um 21 Uhr gehen wir zu Bett und lernen eine Eigenheit der Häuser im Himalaya kennen – sie haben keine Heizung. Doch am Abend fallen die Temperaturen schnell bis knapp an den Gefrierpunkt. Unser Zimmer ist kalt, das Bad auch. Nur das Bett nicht. Eine elektrische Heizdecke macht es zur Insel der Wärme.