Ein Himmelreich für die Freunde des Fahrens: Rampe im Südschwarzwald
Wau-wau zum Abschied
Es wird ein Tag der Kurven, ein Tag des Auf-und-Abs. Und er beginnt damit, dass mich ein kleines Felltier verbellt. Der Hund kommt von Herrchens Grundstück gewetzt und kläfft und kläfft ganz aufgeregt. Er reicht mir nicht mal bis zum Knie und sein Maul wäre wohl kaum groß genug, um mir in die Wade zu beißen. Ich halte ihm die Hand hin, er riecht daran, leckt, und wir sind versöhnt. Ich habe gerade im „Spielweg“ gefrühstückt, es gab Rüblikuchen, Schwarzwälder Brotaufstrich und eine Spielweg-Variation des Bircher Müslis. Sehr lecker. Jetzt kraule ich den süßen Kläffer und finde es jammerschade, diesen sonnigen Ort verlassen zu müssen.
Grüne Höhen, blaue Weite, rote Dächer: Blick von Oberwieden auf Wieden und sein Tal
Windungs-Reich
Es macht Spaß, den Bulli über die schmalen Straßen hinauf zu jagen und wieder runter zu bringen. Aber auch viel Arbeit. Ständig muss man schalten, den Motor auf Drehzahl halten, am Lenkrad ziehen, dass sich der Wagen in die Kurven wirft. Hin und wieder kann ich mir aber ein Grinsen nicht verkneifen, wenn ich im Rückspiegel sehe wie Anne Heußner auf dem Sitzpolster von einer Seite auf die andere rutscht. Und wieder zurück. Die Straßen im Schwarzwald sorgen durchaus für so viel Fahrspaß wie manch mythische Passstraße. Schade, dass ich mein Rennrad nicht dabei habe. Hier könnte man sich wunderbar quälen.
Die Straßen als Lebensraum: Für kleine Hunde, langsame Trecker und das Sonnenlicht
Noch mehr Kurven
In Todtnau kommen wir an einer seltsamen Konstruktion vorbei: Ein Sessellift schleppt bunte Schlitten einen Hang hinauf, die man dann auf einer Anlage ähnlich einer Achterbahn gen Tal steuert. Es gibt Buckel-Passagen und aufgeständerte Steilkurven neben denen Fangzäune errichtet wurden, an manchen Stellen werden die Schienen zum Korkenzieher. Es ist die moderne Interpretation einer Sommerrodelbahn. Diese heißt Hasenhorn Coaster, nach dem 1150 Meter hohen Berg, an dessen Flanke man herunter rast. Mit fast drei Kilometern ist die Bahn eine der längsten ihrer Art. Wir sehen uns kurz in die Augen. Na, ist heute nicht der Tag der Kurven? Und selbst Stephanie Kreuzer, die wegen einer Rückenverletzung nicht sicher ist, ob sie überhaupt so ein Teil fahren kann (es dann auch nicht tut, danke für die Fotos!), nickt. Wir haben offenbar noch nicht genug Magenumdrehen gehabt.
Spielerei am Berg: Der Hasenhorn Coaster bietet 2,9 Kilometer Kurven und noch mehr Kurven
Man zeigt mir, wie man den Sicherheitsgurt anlegt, wie man den Schlitten bremst, bzw. laufen lässt. Und dann geht es los. Anfangs bin ich noch zu vorsichtig. Doch bald schon heize ich über die Bahn, auf dass mir die Haare nach hinten wehen und die Tränen aus den Augen hinter der Sonnenbrille rinnen. Es ist ein Riesengaudi. An dem es nur eins auszusetzen gibt – es ist viel zu schnell vorbei.
Wo Goethe auch schon war
Und doch hat die ganze Aktion so viel Zeit gekostet, dass wir uns sputen müssen, um Eglisau zu erreichen. Denn dort wartet das letzte Haus dieser kleinen Rundreise durch die Vielfalt der Romantik-Hotels auf uns. Nach dem klassischen „Le Marechal“ mit Fachwerk-Architektur und französischer Hochküche in Colmar, nach der elsässischen Interpretation der Wellness im „Les Violettes“ und nach der begeisternden Modernisierung der Schwarzwald-Lebensart im „Spielweg“, erwartet uns nun ein Hotel, das im Jahr 1547 zum ersten Mal erwähnt wurde, und über das Goethe sogar schon geschrieben hat – undzwar diese Zeilen: „Um 12 Uhr in Eglisau. Gasthof Zum Hirsch. Aussicht auf den Rhein. Ab um halb zwei.“
Die Ruhe nach dem Tosen: Brücke bei Eglisau über den Rhein, nur wenig entfernt vom Rheinfall
Für uns heißt es eigentlich „an um halb zwei“. Und so scheuchen wir den Bulli über die Berge und am Rhein entlang, bis wir schließlich mit stinkender Kupplung in Eglisau einparken. Irgendwie ist das auch blöd, so durch die Landschaft zu rasen, lieber Achterbahn zu fahren als Todtnau anzusehen, das berühmt ist für den Silberbergbau, der die Stadt im Mittelalter so reich gemacht hat, für das Kloster St. Blasien und für das Nessler-Museum, das den Friseur Karl Ludwig Nessler ehrt, der hat Anfang des 20. Jahrhunderts die Dauerwelle erfunden. Und doch überwiegt die Neugier auf das nächste Hotel. Sie wird belohnt.
Schätze der Altstadt von Eglisau: der Turm der reformierten Stadtkirche und der „Hirsch“
Eine andere Welt
Selten war er so überraschend der Kontrast zwischen außen und innen. Wer vor dem Gasthof steht, sieht ein historisches Gebäude, innen präsentiert sich der Hirsch sorgsam modernisiert. Die Wände weiß verputzt, die Fenster grün lackiert, die Böden sind aus Holz oder rotbraunem Ton, und immer wieder geht der Blick auf den Rhein, der flaschengrün in der Sonne glitzert. Dieser Mix aus Lust an der Moderne und Respekt für die Geschichte gibt dem Haus einen starken Charakter.
Charaktere sind auch die Menschen des Hirschen. Etwa Inhaber Werner Dubno, der ein Vermögen in dieses Hotel investiert haben muss. Oder Koch Christian Kuchler, der ein Teil des Gewinns ist, den so ein Engagement einbringt. Die unprätentiöse, doch feinsinnige Küche des jungen Mannes begeistert, Kuchler wurde bereits mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Auch mit seinen kulinarischen Genüssen erweist sich der „Hirsch“ als Ort auf der Höhe der Zeit. Und das in einem Städtchen mit nicht einmal 5000 Einwohnern.
5 Gänge Glück: Schaumsuppe mit Kaviar, Flusskrebsschwänze mit Blattsalaten, Zanderfilet mit wildem Spargel, Kalbsfilet mit Risotto, als Dessert eine Eis-Variation. Verantwortlich für die nuancenreiche Küche ist Christian Kuchler, erst 27 Jahre jung und schon ein großer
Durch Zeit und Raum
Nach dem Essen lädt uns Werner Dubno zu einem Verdauungsspaziergang durch sein Haus. Während er von den Antiquitäten erzählt, die er Zeit seines Lebens gesammelt hat, und von denen jetzt manches Stück in den Zimmern auf respektvolle Gäste wartet, zeigt sich, mit welcher Leidenschaft manche Hoteliers sind was sie sind. Und spätestens jetzt versteht man das Konzept dieser Hotelkooperation, in der die Direktoren auch meist die Inhaber sind. Das muss nicht immer ein Vorteil sein. Doch wenn jemand mit Herzblut ein Hotel betreibt, kann er seine Gäste begeistern. Werner Dubno ist so ein Mann, der begeistern kann. Mehr als vier Jahre hat er den Gasthof sanieren lassen. Man sieht den Zimmern die Kennerschaft an, mit der die Handwerker gearbeitet haben. Wir bewundern frei gelegte Deckenmalereien, einen Lehnstuhl mit historischer Mechanik und die Idee, vor die antiken Türen der Hotelzimmer eine Glastür zu bauen. Sie lässt Licht durch, wenn man will, ermöglicht Blicke. Der Rhein glitzert in der Sonne.
Ort mit Stil: Auf den Glastüren steht der Name des Zimmers, jedes ist eingerichtet mit Antiquitäten, etwa einem historischen Lehnstuhl. Abschiedsbild mit Bulli: Hotelier Dubno und das Presse-Team
Eigentlich müsste man eine Woche hier verbringen, um in jedem Zimmer einmal wohnen zu können. Aber leider reicht die Zeit nicht. Wir bauen uns für das Abschiedsfoto vor dem Bulli auf, der uns so famos durch das Dreiländereck gebracht hat, und verabschieden uns von Eglisau und dem Hirschen. Es ist immer dasselbe, dass einem die gute Zeit zu kurz vorkommt. Jetzt grummelt der Wagen fast mit Höchstgeschwindigkeit nach Deutschland. 80 Km/h. Man kann es messen, und doch ist Tempo subjektiv. So wie die Bewertung eines Hotels zwar durchaus mit Sternen erfasst werden kann – und doch viel mehr ist. Ich werde noch einmal zurückkehren zum „Hirschen“.
Mit sich im Reinen sein: Rhein-Szenen, mal echte Kunst, mal wahre Zweisamkeit
Romantik Hotel Gasthof Hirschen
Ein aufwändig renoviertes Haus in großartiger Lage direkt am Rhein. Die Zimmer sind mit wertvollen Antiqutäten eingerichtet, die Bäder modern und klar. Im Restaurant „La Passion“ kann Michelin-Stern prämierte Hochküche genossen werden, auch im „Bistro“ gibt es zum Club-Sandwich den Blick auf den Rhein, günstig sind die Lunch-Gerichte. Die Schweiz ist kein billiges Reiseland, attraktiv sind die Arrangements, die Zimmer und Dinner zu sehr fairen Preisen bieten.
Untergasse 28, CH-Eglisau, Tel. 0041-43-411 11 22
Hinweis: Die Recherchereisen für diesen Blog wurden zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien, Reedereien und/oder PR- bzw. Tourismus-Agenturen.