Höhe Namche Bazaar: 3440 Meter • Höhe Tashinga: 3450 Meter • Distanz: ca. 8 Kilometer • Gehzeit: ca. 3 Stunden • Besonderheit: Kikeriki im Bauch; wir treffen den Inhaber der Herman-Helmers-Bäckerei von Namche; Wanderung auf einem Panorama-Weg, immer im Blick die 6856 Meter hohe Ama Dablam
Ein Reisebericht von Susanne Baade und Dirk Lehmann
Kikeriki im Bauch – das klingt prosaischer als es ist. Ich hatte viel Respekt vor der Höhe. Doch selbst das Trekking bis auf 3900 Meter machte mir kaum zu schaffen, etwas kurzatmig war ich, kam aber gut hinauf nach Namche Bazaar, dem wichtigsten Dorf in der Kumbhu-Region. Doch seit der Nacht rumort es in meinem Unterleib und ständig checke ich, ob eine Toilette in der Nähe ist. Verantwortlich für den Hühnerstall im Unterleib mache ich das Restaurant des Hotels, sah ich doch, wie am Abend die Kellnerin mit ihrem Lappen erst einen Tisch ab- und dann ein Glas ausgewischt hatte, bevor sie Bier hinein goss. Schon beim Gedanken daran könnte ich los sprinten.
Interview mit dem Mann, der hinter der Hermann-Helmers-Bakery steckt: Ang Dorjee Sherpa (links) zählt zu den einflussreichsten Geschäftsleuten in Namche Bazaar
Ang Dorjee Sherpa profitiert doppelt von Leuten wie mir. Zum einen ist er Mit-Inhaber des Hotels, es wird geleitet von seiner Frau Thanktok Ang Dorjee Sherpa. Zum anderen betreibt er die „Herman Helmers Bakery“, die ist ein Joint Venture mit einer deutschen Bäckerei in Kathmandu. In der Filiale in Namche, die auch Pizza anbietet, essen vor allem Gäste, die sich nach dunklem Brot sehnen, und die sich vom deutschen Namen ein wenig mehr Hygiene versprechen.
Selbstverständlich entschuldigt sich Ang Dorjee für die „Vergiftung“. Doch haben wir das Gespräch mit ihm nicht gesucht, um ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Wir interessieren uns für den wohlgenährten Mann wegen seiner Ämterfülle. Unter anderen leitet Ang das Anti-Pollution-Project und den Tourismus-Ausschuss von Namsche Bazaar. Der eine ist dafür verantwortlich, dass man auf den Trekking-Routen ab Lukla den Eindruck hat, diese Region hat gar nichts zu tun mit Nepals Hauptstadt Kathmandu, da liegt überall Müll in den Straßen, hier ist es ziemlich sauber. Der andere macht sich Gedanken um die Zukunft des Tourismus in einer Region, die nur mit Flugzeugen erreicht werden kann, die bereits rund 20 Jahre auf dem Buckel haben, deren Hersteller-Firmen nicht mehr existieren, für die es kaum noch Ersatzteile gibt. Wahrscheinlich wird Lukla bald nur noch mit größeren Helikoptern angeflogen. Lebensmittel und andere Versorgungsgüter kommen mit geländefähigen Allradfahrzeugen, so genannten mules.
Gruß aus der Heimat: Ein Mitarbeiter der Herman-Helmers-Bakery zeigt Zimtschnecke, Graubrot und Milchbrötchen, die „Hamburger Rolls“ (unten), lassen uns kurz an Zuhause denken. Später stehen wir vor einem Wegweiser und erfahren, dass der für Reisende unbrauchbar ist. Nicht zwei, wie angegeben, sondern mindestens drei Stunden benötige eine Langnase hinauf bis zum Kloster Tengboche. Was es mit den schnelleren Gehzeiten auf sich habe, fragen wir unseren Guide Som. Er lächelt nur und sagt: „nepali time“
Die größere Herausforderung aber ist es, das Umweltbewusstsein der Nepalesen zu stärken. Angs Organisation besucht Kindergärten und Schulen, errichtet Mülltonnen und verbietet den Gebrauch bestimmter Verpackungen. Doch, so gibt der Sherpa zu, der wohl einer einflussreichsten Bürger der wichtigsten Gemeinde in der Everest-Region ist, es geht nur langsam voran. Sehr langsam. Zum Frühstück stellt uns Ang einige Produkte aus seiner Bäckerei auf den Tisch: dunkles Brot, Zimt-Schnecken, „Hamburger Rolls“ (Milchbrötchen), Apfelstrudel. Alles duftet so verführerisch, dass ich unbedingt kosten muss. Und den Hahn in mir nur noch mehr verfluche.
Ein Pferd auf Abwegen, ein Arbeiter beim Abflachen und eine Allee für den Abstieg
Die heutige Etappe ist recht einfach. Es geht raus aus Namche und dann hinauf auf einen Panorama-Wanderweg, der in die Flanke eines gewaltigen Hanges gefräst wurde, weiter nach Tashinga. Dabei immer im Blick: die Ama Dablam. Und am Ende, von weit oberhalb, die auf 3440 Metern Höhe gelegene Lodge. Da werden wir die nächsten zwei Nächte verbringen.
Blick nach unten auf die Unterkunft: die Summit-Lodge in Tashinga
Es ist eine wundervoll gelegene Herberge, umgeben von Feldern, Wald und Bergen. Und von viel Ruhe, die wohl tut nach der Hektik in Namche Bazaar. Gelegenheit, einige der durchgeschwitzten Baselayer zu waschen. Zudem treffen wir eine Reisegruppe wieder, die wir bereits im Hotel über Kathmandu kennen gelernt haben, sie sind ebenfalls auf Lodge-Trekking mit dem DAV Summit Club. Ein großes „Hallo“ hebt an. Und später sitzen wir mit Inge und Willi am Ofen, der Yakdung knistert, und wir räsonieren über das Erlebnis Himalaya – über breite Wanderwege, auf denen so viel Betrieb herrscht wie in den Einkaufsstraßen Münchens während der Vorweihnachtszeit, über schmale Pfade, die einfach nur glücklich machen, über das Flattern der Gebetsfahnen und über den unfassbaren Zauber dieser Berge, an denen man sich nicht satt sehen kann.
Und während wir uns unterhalten, bittet eines der Zimmermädchen der Lodge um unsere Schlüssel. Wozu? Sie wird Wärmflaschen in die Betten legen, damit das nicht so kalt ist. Auch das gehört zum Erlebnis Himalaya.
Trotz Hightech: Auch Baselayer müssen gewaschen werden. Zuckerhut im Himalaya: Für viele einer der schönsten Berge – die Ama Dablam, die rechts neben der Stupa emporragt